(ok)
Stadtgeflüster vom 29. Dezember 2014

28.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:49 Uhr

(ok) Alles wird gut? Ja, alles ist gerade noch rechtzeitig gut geworden. Jetzt sind wir glücklich. Ach, ist das alles schön. Unsere Herzen machen Hüpfer ohne Ende. Wir möchten die Welt umarmen. Weil es auch so selten vorkommt, dass wir so glücklich sein können. Wir denken an früher, als wir Kinder waren, als eh alles viiiiiiel schöner war. Wir erinnern uns an Zeiten, als auch wir heute Erwachsenen noch jung und schnell genug waren, um am Heiligen Abend kurz vor der stundenlang herbeigesehnten Bescherung ein Stück des weißen Kleids vom Christkind zu sehen, ehe dieses für zwölf Monate entschwand. Dabei sind wir doch immer so schnell die Treppe runtergerannt. Wir freuen uns, weil wir uns plötzlich erinnern an all die wundervollen Abende, an denen uns Geschichten vom Advent, vom Nikolaus oder vom Christkind vorgelesen wurden und wir danach selig und zufrieden eingeschlafen sind. Wir sind so glücklich, dass wir sogar die Arbeit vergessen, die nach den Feier- oder sogar Urlaubstagen auf uns wartet. Wir verdrängen auch die Gedanken, dass unser Lieblings-Fußballklub nach wie vor nicht FC Bayern München heißt. Ach, wir gönnen den Münchner Edelkickern sogar den gefühlt 400. Meistertitel. Was soll’s. Wir sind ja so glücklich. Nein, nicht wegen der Geschenke an Weihnachten. Schnöder Mammon möchte man urteilen, selbst wenn es gut tut, dass die eine oder andere Vinylscheibe das Musikarchiv verfeinert. Auch wegen der Plätzchen von der Oma schweben wir nicht auf Wolke sieben. Obwohl die Kalorienbomben – selbst ohne Marzipan – so ungesund lecker schmecken. Schon gar nicht wegen des Feiertagsprogramms im Fernsehen – auch wenn Helene Fischer mit Udo Jürgens’ wunderbar gehauchtem „Merci, Chérie“ immer ein, zwei Freudentränen wert ist. Nein. Deswegen sind wir nicht glücklich. Es ist ganz einfach: Es hat geschneit. Schneeball werfen, Schlitten fahren, Biokarotte in den Schneemann stecken, Schneeburg auftürmen und dann auf Frost warten. Mit nassen Handschuhen, eiskalten Händen und roter Nase heimkommen. Schön. Es hat geschneit.