(reh)
Stadtgeflüster vom 28. Juni 2016

27.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

(reh) Die höchste Form der Zivilisation ist die individuelle Mobilität. Freie Fahrt für freie Bürger. Im eigenen Wagen zu jeder Zeit dorthin kurven, wo man möchte.

Das soll uns der Steinzeitmensch erst einmal nachmachen. Dumm nur, dass viele Mitbewohner in einer Großstadt ebenso die persönliche Freiheit nutzen, dorthin zu fahren, wohin sie möchten. Folglich ist die allerhöchste Zivilisationsstufe erst erreicht, wenn jeder von uns an beliebten Orten einen eigenen Parkplatz in entsprechender Größe vorfindet.

Bis es so weit ist, bleibt allen nichts anderes übrig, als den behördlich verordneten Schilderwald links liegen zu lassen. Wir stellen uns einfach dorthin, wo wir wollen. Man kann damit eine gute Weile durchs Leben kommen. Das zeigte in Ingolstadt der dauerparkende Däne, der bei erlaubten 30 Minuten fast ein Dreivierteljahr auf den Kurzzeitplätzen am Hauptbahnhof stand, ehe die Staatsmacht etwas unternahm. In vielen Nebenstraßen sieht es genauso vogelwild aus. Dort haben einzelne Anwohner das eingeschränkte Halteverbot zu Dauerparkplätzen umfunktioniert. Und ihre Nachbarn quetschen sich tagtäglich an dem Hindernis vorbei.

Dumm allerdings nur für Falschparker, wenn das Auge des Gesetzes bei der Vielzahl der Straßen doch einmal aufmerksam wird. So geschehen bei zwei Damen, die sich vor einem italienischen Lokal im Südviertel (unabhängig voneinander, aber hintereinander) mit dem Auto ins absolute Halteverbot stellten. Eine Polizeistreife legte plötzlich den Rückwärtsgang ein. Kaum hatten sie das gesehen, sprangen die Damen von ihren Sitzen auf und eilten ans Steuer ihrer Wagen. Dann kurvten sie (erfolglos) um den Block, um einen legalen Parkplatz zu ergattern. Dabei wurde natürlich die Pizza eiskalt. Das sind nun einmal die Gefahren der individuellen Mobilität.