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Stadtgeflüster vom 27. September 2016

26.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

(sic) Er frage sich oft, ob er fit für die Zukunft sei, erzählt der unterfränkische Vordenker Erwin Pelzig (alias Frank-Markus Barwasser) in einem Kabarettprogramm. Ihn plage die Sorge, dass er eines Tages aufwache, und plötzlich steht die Zukunft vor seinem Bett, die ihn prüfend anschaut und sagt: "Ach, Pelzig, bleib' liegen."

Diese amüsante Vision ging dem Reporter des DK durch den Kopf, als er am vergangenen Freitag im Historischen Sitzungssaal erlebte, wie die Gesellschafter des künftigen digitalen Gründerzentrums ihren Vertragsabschluss feierten. Alle euphorisch der Zukunft zugewandt: Industrie 4.0 - die Welt von morgen, und Ingolstadt ist dabei! Der DK-Mann musste da aber nicht nur an Erwin Pelzig denken, sondern auch an eine denkwürdige Begegnung in seiner Schulzeit. Anfang 1992, kurz vor dem Abitur, traf er Dr. R. (nennen wir ihn mal so.). Dr. R. war promovierter Biologe, der aber mangels einer Jobaussicht umgeschult hatte und jetzt als Berufsberater des Ingolstädter Arbeitsamts durch die Gymnasien tourte, um den jungen Leuten den richtigen Weg in die Zukunft zu weisen. Da stand er also vor der Klasse, der wirklich redliche Dr. R., und sprach: "Studieren Sie bloß nicht Informatik! Der Boom mit diesen Computern ist bald wieder vorbei. Werden Sie lieber Lehrer."

Dr. R. war aber nicht allein. So wie er dachten Anfang der 90er viele Bildungsschaffende über Computer. Und Dr. R.s gab es schon immer. 100 Jahre zuvor haben Visionäre wie er Abiturienten sicher geraten, besser die Finger von diesen neumodischen Automobilen zu lassen und lieber weiter die bewährten Gäule einzuspannen.

1998, als die ersten von Dr. R. beratenen Schüler ihr Studium abschlossen, standen die Lehramtsanwärter unter ihnen auf Wartelisten, die so lang waren, dass man damit vermutlich den Schreibtisch des bayerischen Kultusministers hätte einpacken können, mitsamt der Franz-Josef-Strauß-Büste. Zur selben Zeit lauerten Headhunter namhafter Softwareunternehmen den wenigen jungen Leuten, die trotz Dr. R. Informatik studiert hatten, an den Universitäten auf. Es ist also doch was aus ihnen geworden. Die Sache mit dieser Zukunft, sie ging gerade noch mal gut!