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Stadtgeflüster vom 26. September 2012

25.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:01 Uhr

(rh) Der Oberfranke neigt zu Verschlossenheit und Einsilbigkeit, ja in nicht wenigen Fällen zeigt er auffallende Züge von Verbohrtheit und Verstocktheit. Jahrhundertelange Unterdrückung und Demütigung durch die kernbayerische Majorität haben ihre mentalen Spuren hinterlassen.

In dem tiefen Bewusstsein, einer diskriminierten Minderheit anzugehören, fügt sich der Oberfranke zumeist in sein Schicksal, redet nur das Nötigste, es sei denn, er heißt Thomas Gottschalk. Aber an ihm sieht man ja, wo das enden kann.

Seitdem der rechtmäßige Regent Karl-Theodor zu Guttenberg damals aus fadenscheinigen Gründen zur Abdankung gezwungen wurde, reißt die Kette der Erniedrigungen für dieses Grenzvolk des Freistaates nicht ab. Es ist erst eine Woche her, dass der Oberbayer Horst Seehofer ausgerechnet von der Anhöhe des oberfränkischen Klosters Banz herab seine immerwährende Herrschaft ausrief. Im Angesicht der Mutter aller Schlachten, wie er den Landtagswahlkampf 2013 nennt, gab Seehofer seinem Volk kund und zu wissen, dass er Seit an Seit mit der CSU-Chefin von Oberbayern dieses schicksalhafte Ringen bestehen wolle. Dem gleichen Horst Seehofer, der mit Ilse Aigner die altbayerische Thronfolge geregelt hat, haben die Oberfranken bekanntlich eine perfide Dauerleihgabe namens Monika Hohlmeier zu verdanken.

Da passt es ins Bild, dass auch das Haus Wittelsbach sich heuer eine Provokation sondergleichen geleistet und den Bambergern die Kaiserkrone Heinrichs II. verweigert hat. Das geraubte Original aus dem Domschatz verbleibt auch 2012 in der Schatzkammer der Münchner Residenz und darf nicht zur Jubiläumsausstellung im Bamberger Diözesanmuseum gezeigt werden. Die traumatisierte Oberfrankenstiftung sah keinen anderen Ausweg, als bei einem Goldschmied eine Nachbildung in Auftrag zu geben, die nun den Besuchern öffentlich präsentiert wird.

Wie die beiden Oberfranken in der Ingolstädter Stadtregierung all diese Tiefschläge verarbeitet haben, darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Die zwei Referenten stammen aus Bayreuth und leiten die Ressorts Planung und Bau. Landsmannschaftliche Deformationen sind bislang noch keine zu erkennen, wenngleich der Zustand der Ingolstädter Baukultur zu einiger Sorge Anlass gibt. Die Stadtgeflüster-Redaktion hält sich diesbezüglich mit jedweder Wertung zurück. Hat sie doch selbst nicht nur einen Oberfranken, sondern sogar einen Oberpfälzer in ihren Reihen – und obendrein auch noch zwei Sauerländer.