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Stadtgeflüster vom 25. März 2017

24.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

(sic) Weil es in seiner mittelfränkischen Heimat weit und breit keine höhere Schule gab, besuchte Hanns Zischler aus Langenaltheim in den 1960er-Jahren das Scheiner-Gymnasium in Ingolstadt und wohnte im evangelischen Schülerheim nahe der Matthäuskirche. Nach dem Abitur begann er ein Studium nach dem anderen und brach jedes bald wieder ab.

Bis er sich eines Tages sagte: "Dann werde ich eben Schauspieler."

Zischler wurde ein ziemlich guter. Eine seiner schönsten Rollen war 1986 die des fiesen fränkischen Landtagsabgeordneten Dr. Joseph Gaishofer in der Serie "Kir Royal" (Folge 3: "Das Volk sieht nichts"). In einer Szene misst er beflissen mit dem Zollstock einen Artikel aus, den der Boulevardreporter Baby Schimmerlos über ihn geschrieben hat, um zu zeigen, wie groß er wieder rausgekommen ist. Das Foto, das Gaishofer in Siegerpose vor der Münchner Feldherrnhalle zeigt, ist stolze 11,2 mal 6,3 Zentimeter groß. Da freut sich der Franke: "Der Schimmerlos is einfach kooberadiv!" Ein gesundes Geltungsbewusstsein schadet nie.

Es ist durchaus möglich, dass nach Hanns Zischlers Vorbild auch die Direktoren der Ingolstädter Gymnasien (die zu gewissen Eifersüchteleien neigen) in diesen Tagen mit einem Zollstock in der Hand über dem DONAUKURIER sitzen und die Artikel ausmessen, die über ihre Schule erschienen sind. Und natürlich die der Konkurrenzgymnasien. Wehe, die sind größer! Wir stellen uns das so vor: Da knurrt ein Schulleiter mit gezücktem Meterstab neidisch: "Foto: 9 mal 7 Zentimeter, 118 Zeilen Text. Aber dieses Gymnasium im Süden da hat ein 14 mal 8 Zentimeter großes Foto mit 122 Zeilen bekommen! Das ist echt gemein! Typisch DK."

Wie wir darauf kommen? Weil sich die Ingolstädter Gymnasien beflissen Prestigeduelle liefern. Jetzt luden wieder alle zu ihren Tagen der offenen Tür ein. Die Ankündigungen, die sie an die Lokalredaktion mit der Bitte um Veröffentlichung schicken, werden nicht nur immer ausführlicher - da wird gern mal jede Bastelgruppe aufgezählt -, sondern auch immer blumiger, gerade so, als würden die Gymnasien die Texte neuerdings von Werbeagenturen verfassen lassen. Sie prunken mit dem "umfassenden Bildungsangebot" und dem "vielfältigen Schulleben" speziell in ihrem Haus. Da stehen "erfahrene Lehrer" für Elterngespräche bereit (die unerfahrenen müssen am Tag der offenen Tür vermutlich daheimbleiben), es wird die "moderne Medienausstattung" gepriesen und auf "tolle Mitmachaktionen" für Kinder verwiesen, die einen Übertritt auf genau dieses Gymnasium erwägen. Oder es heißt: "Lehrer und Schüler freuen sich, die individuelle Förderung an ihrer Schule zu präsentieren." Nichts wie hin!

Ach ja: Das Scheiner, Hanns Zischlers alte Schule, hat dem DK heuer die kürzeste aller Ankündigungen geschickt. Richtig bescheiden. Der Schulleiter sei daher ermutigt: "Da geht noch mehr, Herr Maier!"