Stadtgeflüster vom 25. Februar 2011

24.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:07 Uhr

(peh) Es geht einem doch immer wieder vor Freude das Herz auf, betrachtet man all die Kreatur, die in unserer geliebten Heimat so kreucht und fleucht. Gut, so manches Viecherl flackt eigentlich seit über 60 Jahren nur in seinem Pool und verdaut vor sich hin. Aber abgesehen von unserem Alligator Maxl herrscht doch allüberall ein reges Treiben – wenn auch nicht mehr ganz so rege wie vor Jahrzehnten, als ein possierliches Äffchen namens Coco die Schlafzimmer rund um den Zoo Wasserstern unsicher machte. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.Einer, der sich jedenfalls mit diesem tierischen Treiben ganz genau auskennt, ist Ralph Zange. Der Mann vom Umweltamt der Stadt ist ja bekennender Heteropterologe, was nichts Unanständiges ist, sondern nur ein etwas vornehmerer Ausdruck für Wanzenkundler. Zange hat in Fachkreisen und darüber hinaus einige Berühmtheit erlangt, als er den Nachweis für das Vorkommen der amerikanischen Kiefernwanze (Leptoglossus occidentalis) am Viktualienmarkt erbrachte. Das possierliche Tierchen zählt zu den so genannten Lästlingen, die im Gegensatz zu Nützlingen und Schädlingen in ihrer bloßen Existenz einfach nur lästig sind – was sie übrigens mit diversen Politikern gemein haben.

P>Zange hat jetzt zu einem weiteren Schlag ausgeholt, der Ingolstadt in einem bundesweiten Ranking einen Spitzenplatz bescheren könnte – und zwar in der Häufigkeit des Vorkommens von Totholzkäfern. Zange hat nämlich (übrigens ganz ohne Doktortitel) im Gerolfinger Eichenwald einen ganz entzückenden Vertreter von Derodontus macularis entdeckt, auch Harzporling-Ozellenkäfer genannt. Riesig ist jetzt natürlich die Freude darüber, dass das drei Millimeter große und überaus seltene Tierchen sich hier zu Lande bester Gesundheit erfreut, während es ansonsten leider überall vom Aussterben bedroht ist.

Wie es scheint, ist Ingolstadt fast so etwas wie eine Arche Noah für seltene Viecher. Wer weiß, was da noch alles auftaucht? Vielleicht die Steinlaus (Petrophaga lorioti)? Jedenfalls würde es schon fast nicht mehr wundern, wenn eines Tages ein Wolf daherkommt – so wie vor einem Jahr in den bayerischen Bergen. Blöd für dieses Tier ist nur, dass der Hubert Aiwanger, der Landeschef der Freien Wähler, es abschießen will. Man merkt, der Mann ist Landwirt.

Wie würden wohl die Ingolstädter Spitzenpolitiker auf das Auftauchen eines echten Leitwolfs reagieren? Sperrzeit verkürzen? Minenfelder? Im Alf-Lechner-Museum einsperren? Auf jeden Fall würden sie ihn mit Paragrafen vertreiben wollen. Und wenn gar nichts hilft, mit den Haushaltsreden von Ulrich Bannert. Doch wie auch immer: Der Gegensatz zwischen dem einsamen, von Aiwanger verfolgten Wolf in den Alpen und seinem Artgenossen in Ingolstadt könnte größer gar nicht sein. Dafür würde schon Peter Gietl sorgen.