(ada)
Stadtgeflüster vom 25. April 2014

24.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

(ada) Touristiker haben es auch nicht immer leicht. Ist es doch ihre Aufgabe, die Besonderheiten eines Ortes oder einer Region zu erkennen und das darin schlummernde Potenzial fremdenverkehrstauglich aufzubereiten, also Menschen und damit Geld anzulocken.

Klar, wer so etwas wie Schloss Neuschwanstein, die Zugspitze, eine Landshuter Hochzeit oder auch einen Further Drachenstich hat, der tut sich da leicht. Aber machen Sie mal Werbung mit der Verkündung einer Lebensmittelvorschrift!

Vor diesem Dilemma steht man in Ingolstadt, wo im Jahre 1516, am 23. April, dem Tag des heiligen Georg, von Herzog Wilhelm IV. das Reinheitsgebot für Bier erlassen wurde. An sich eine schöne Sache, war die Verordnung doch für die Verbraucher seitdem Garant dafür, dass sich im bayerischen Nationalgetränk nichts anderes befindet als Hopfen, Wasser und Malz. Für die heimische Wirtschaft war sie seinerzeit wohl eher eine herbe Einschränkung und alles andere als ein Grund zum Feiern. Doch inzwischen sieht man das auch hier anders.

Was liegt also näher, als dem Anlass gebührend ein fröhliches Fest zu feiern. Doch wie soll man es nennen? Zuerst probierte man es mit dem Namen Reines-Bier-Fest. Zwar durchaus den Tatsachen angemessen, doch vom Namen her ein wenig sperrig. Nachdem das Fest eher mäßig erfolgreich einige Jahre vor sich hindümpelte, wurde es klangvoll in Georgi-Fest umbenannt, eingedenk des Tages der Verkündigung des Gebotes.

Blöd nur, dass der heilige Georg zwar für alles Mögliche der Patron ist (darunter interessanterweise des Bistums Limburg, wo ein gewisser Bischof Tebartz-van Elst so segensreich wirkte), doch nicht für Bier. Nicht einmal auf oder in einem Fass sitzend wird der Heilige in zeitgenössischen Darstellungen abgebildet. So hatte man zwar den klangvolleren Namen, aber leider fehlte der touristisch wirksame Bezug zum Gerstensaft völlig.

Heuer probiert man es wieder mit einer Umbenennung und hat diese gleich mit einem Umzug verbunden. „1516 – Fest zum reinen Bier“ heißt es jetzt offiziell und wieder ein wenig sperrig. Gefeiert wird ab heute nicht mehr im Schlosshof, sondern vor der Hohen Schule und in der Dollstraße. Umgangssprachlich wird’s wohl eher auf den schlichten Namen Bierfest hinauslaufen. Doch ein Bierfest ist allenfalls noch in Timbuktu oder Südpolynesien etwas Besonderes.