(ada)
Stadtgeflüster vom 24. April 2017

23.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

(ada) Haben Sie das Wochenende auch zu Hause verbracht? Auf dem Sofa? Oder beim Bügeln? Oder haben Sie sich gar an ihre Steuererklärung gesetzt? Das Wetter war ja danach.

Wir haben den Tag genutzt, um endlich einmal den Speicher aufzuräumen.

Oder wollten das zumindest. Denn dann ist uns in einer Kiste mit Büchern und anderen Dingen ein altes Lexikon in die Hände gefallen. Dunkelgrün und in Leder und Leinen gebunden. Eine Ausgabe in vier Bänden, erschienen 1953 im C. Bertelsmann-Verlag. Einst vermutlich der Stolz im großelterlichen Wohnzimmer der Nachkriegszeit, schlummerte es dort zwischen alten Romanen wie "Früchte des Zorns" von John Steinbeck, der "Geschichte des Fernen Ostens" von Otto Zierer und Merian-Heften über das Tessin und Südtirol.

Klar, dass unsere journalistische Neugier uns alles andere vergessen und darin blättern ließ. Vor allem, was man damals über Ingolstadt schrieb, hat uns interessiert. Zwischen dem heute weithin unbekannten Inglin, Meinrad (schweiz. Erzähler) *1893; Hptw. "Der graue March" (Jägerroman, 1935) und den Ingredenzien (lat.; Bestandteil einer Mischung), fanden sich folgende etwas dürre Zeilen:

Ingolstadt, oberbayr. Stadt an der Donau, nördlich von München, 48 000 Ew.; wichtiger Straßen- u. Bahnknotenpunkt; Metall- u. Möbelindustrie, Maschinenbau, Brauereien; frühere Universität (1472-1800); reich an weltl. u. kirchl. Bauten des M.A. - 1392 bis 1447 Residenz einer Linie der Wittelsbacher; seit 1539 Festung.

Das war alles. Eine kleine, relativ unbedeutende Provinzstadt. Im Vergleich zu heute kaum Einwohner, kein Öl und schon gar keine Autos, die erwähnenswert gewesen wären. Das Wichtigste, was Ingolstadt heute ausmacht, gab es damals noch nicht. Dafür gab es offenbar eine für die Redaktion des Lexikons im nordrhein-westfälischen Gütersloh erwähnenswerte Möbelindustrie. Wo war die wohl? Was hat sie genau hergestellt? Nachkriegswohnzimmer made in Ingolstadt? Sitzgruppen? Schrankwände? Selbst ältere Schanzer können sich nicht erinnern. Oder doch? Wir sind gespannt, ob sich jemand meldet.