Stadtgeflüster
Stadtgeflüster vom 23. Juni 2017: Alice im Gauland

22.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:54 Uhr

(gso) Die AfD zieht in den Häuserkampf: Vielleicht haben Sie, liebe Leser, auch schon einen blauen Flyer aus dem Briefkasten gefischt. Unter der Überschrift "Unser Land, unsere Regeln" wirbt die Rechtsaußen-Partei für ihre Wahlkampfveranstaltung am heutigen Freitag im Ingolstädter Stadttheater.

Zum Wahlkampfauftakt in Bayern war der AfD die Gaststätte am Auwaldsee, wo einmal im Monat ein Parteistammtisch stattfindet, wohl zu klein oder zu abgelegen. Schließlich bekommen dort höchstens einige Camper mit, dass niemand Geringeres als AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel die Schanzer mit einem Besuch beehrt.

Nein, die AfD will sich nicht länger am Auwaldsee verstecken, sondern die Massen mit ihrem Anti-Merkel-Wahlprogramm begeistern. "Wer CSU wählt, bekommt Merkel", steht auf dem Flugblatt. Bereits ab 17 Uhr laden treue Parteisoldaten aus der zweiten Reihe besorgte Bürger zu einer Kundgebung auf den Theatervorplatz ein.

Um 19 Uhr beginnt dann die Weltpremiere im Stadttheater: Die AfD-Laientheatergruppe "Die Ewiggestrigen" führt zum ersten Mal die Tragödie "Alice im Gauland" auf. So lange müssen Sie, liebe Leser, jedoch nicht warten, denn das Drehbuch wurde dem DK vorab zugespielt. Ein starkes Stück: Alice Weidel, Martin Hebner, Peter Boehringer, Leif-Erik Holm (alle AfD) und der FPÖ-Politiker Georg Mayer spielen sich selbst. Zu Beginn des Stücks erklären die AfD'ler dem Ösi das Wahlprogramm "Unser Land, unsere Regeln". Die Spannung steigt, als Weidel rhetorisch brillant vorträgt, dass sie mehr auf Bikinis statt auf Burkas steht.

Die Männer arbeiten sich weiter an den kulturellen Unterschieden zwischen Orient und Okzident ab. "Der Islam? Passt nicht zu unserer Küche!", schwadroniert Boehringer und beißt in einen Döner. Die Handlung erreicht ihren Höhepunkt, als Weidel, die mit ihrer Partnerin und zwei Kindern in der Schweiz lebt, von einem weiteren AfD-Bonmot erfährt. "Neue Deutsche? Machen wir selber", schmettert Hebner mit rollendem "R" ins Publikum.

Als Weidel klar wird, dass sie Mitglied einer zutiefst homophoben Partei ist, bricht sie in Tränen aus. Mit Hilfe eines weißen Kaninchens gelingt es ihr schließlich doch, dem Gauland zu entfliehen. Und am Ende liegen sich alle in den Armen.