(rh)
Stadtgeflüster vom 23. Februar 2012

22.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:48 Uhr

(rh) Redaktionskonferenzen unterliegen strengster Geheimhaltung. Kein Wort über deren Verlauf darf nach außen dringen. Weil manchem Journalistenkollegen hin und wieder doch mal eine freche Bemerkung über einen prominenten Mitbürger rausrutscht, wird auch kein Wortprotokoll erstellt.

Selbst Praktikanten, die vorübergehend in der Lokalredaktion arbeiten, sind zu Stillschweigen verpflichtet. Bei Verstößen drohen ihnen Zwangsmaßnahmen wie etwa die Finanzierung einer Runde Cappuccino vom Italiener gegenüber. Der Geheimhaltungsgrad einer Redaktionskonferenz wird nur noch übertroffen von der Parlamentarischen Kontrollkommission des Bundestages für die Nachrichtendienste und dem Ingolstädter Gestaltungsbeirat.

Warum wir heute trotzdem mit internen Überlegungen an die Öffentlichkeit gehen? Die Leser sollen nicht unnötig verwirrt werden. Schon seit vier (!) DK-Ausgaben ist kein Bericht mehr über das Gießereigelände erschienen. Da fragen doch viele aus der Leserschaft: Was ist passiert? Wird uns etwas verschwiegen? Hat der OB jetzt doch die Hilton-Group als Hotelinvestor an der Angel? Und warum erfahren wir nichts davon? Oder hat gar das Landesamt für Denkmalpflege sich am Rosenmontag mit einer scharfen Stellungnahme noch einmal zu Wort gemeldet?

Alles falsch. Richtig ist: Nach der Dauerberichterstattung in der vergangenen Woche über das Gießereigelände hat der zuständige Redakteur anlässlich der beginnenden Fastenzeit Enthaltsamkeit geloben müssen – und zwar auf dringendes Anraten des Kollegiums. Mindestens eine Woche keine Zeile über dieses Thema. Zuletzt musste sich der Autor doch einigen Spott gefallen lassen: Gießereigelände, das kann man doch bald nicht mehr hören! Immer diese Bauklötzchen in der Zeitung! Das interessiert die Leser ungefähr so viel, wie wenn im Sauerland ein Fahrrad umfällt! Wie lange der enthaltsame Kollege sich an sein Schweigegelübde hält, ist natürlich noch völlig offen. Da braucht doch nur Grünen-Stadträtin Petra Kleine das Wort Bürgerbegehren fallen zu lassen, und schon wird er wieder schwach.