(peh)
Stadtgeflüster vom 22. September 2017

21.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr

(peh) Das Instrument der Markterkundung erfreut sich ja bei der Stadt größter Beliebtheit. Heute gegen 18 Uhr startet am Volksfest wieder ein großer Test, und zwar zum Bierdurst der Schanzer. Bevor wir jedoch mit OB Lösel, der es bekanntlich auch nicht immer leicht hat, beim Anstich die erste Maß verköstigen, müssen wir uns leider einem ernsten Thema widmen.

"Ich lerne nicht extra Französisch für die Spieler, wo diese Sprache nicht mächtig sind." Leider verfügt nicht jeder über die intellektuelle Brillanz und die linguistische Schärfe eines Mario Basler, der sich - sehr erfolgreich - gegen jeden Versuch einer sprachlichen Überfrachtung zur Wehr setzte. Jedoch geht es nicht nur um Sprachen. Aus gegebenem Anlass müssen wir darauf hinweisen, dass selbst der Gebrauch einzelner Fremdwörter mittlerweile in Ingolstadt ein Ausmaß erreicht hat, das als besorgniserregend zu bezeichnen ist.

Schon länger warnen Fachleute vor einem Verlust der muttersprachlichen Kompetenz durch die übermäßige Verwendung von Anglizismen. Jüngstes Beispiel ist das Digitale Gründerzentrum. Allein der Name brigk ist ja eine Verschmelzung von brick, also Englisch für Ziegelstein, und Dallwigk, der Name des Kavaliers, wo das Zentrum nach der Renovierung seinen endgültigen Sitz erhalten soll. Doch damit nicht genug. Das Zentrum, so erfahren wir in einem Faltblatt, will eine Heimat für Startups und Spin-Offs sein, die "Teil des Hotspots der Gründerszene der Region 10" werden wollen. Man biete einen Event Space, ein Living Lab sowie einen Coworking Space und stelle den digitalen Nomaden erfahrene Coaches zur Seite.

Spätestens jetzt sehen wir es als unsere Pflicht an, auf das immer weiter um sich greifende Phänomen des Malapropismus hinzuweisen. Selbst der von uns hoch geschätzte Pressesprecher der Stadt Ingolstadt zeigt erste Anzeichen für einen etwas zweifelhaften Gebrauch von Fremdwörtern. "Das Brain macht's aus", konnotierte er die Anstrengungen des digitalen Gründerzentrums, offenbar dem Ansturm der geballten Anglizismen unterlegen.

Das ist bedenklich, mehr als bedenklich. Erinnern wir uns nur an Lothar Matthäus: "Jeder, der mich kennt und der mich reden gehört hat, weiß genau, dass ich bald englisch in sechs oder auch in vier Wochen so gut spreche und Interviews geben kann, die jeder Deutsche versteht." Der OB wäre jedenfalls gut beraten, eventuelle mentale Reservationen gegen einen linken Philosophen wie Ernst Block für den Augenblick hintan zu stellen und vom "Prinzip Hoffnung" zu sprechen statt zu sagen: I hope, we have a little bit lucky" (Lothar Matthäus).

Doch heute gehen wir aufs Volksfest. Und schwoam die ganzen Anglizismen mit einer Maß hinunter. Und ab der 2. halten wir uns an die unvergessliche Biathletin Uschi Diesel: "Now can come what want".