Stadtgeflüster vom 22. September 2010

21.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:39 Uhr

(ada) Es ist ein gleißend schöner Spätsommertag. Der Himmel ist blau, eine warme Brise weht. Wenn man die Augen leicht zusammenkneift und die Fantasie ein wenig fliegen lässt, kann man auch glauben, man wäre irgendwo im Süden. In Madrid oder in Barcelona am Meer vielleicht.

Das gelb-weiß gestrichene Luxushotel mit seinen nachgemachten Zuckerbäckerbalustraden liegt still im Licht der Sonne, als am Montagnachmittag kurz vor vier Uhr der strahlend weiße Mannschaftsbus heranrollt. Schwarz glänzen die verspiegelten Scheiben im hellen Licht. Schwarz-rot-weiß und übergroß prangt das Wappen des Vereins auf den Seiten. So richtig elegant sieht er aus, der Bus des FC Ingolstadt 04. Er hält vor dem Hotel Marc Aurel in Bad Gögging. Die Klimaanlage läuft. Hotelangestellte in Livree eilen herbei. Sie schieben kleine goldene Wägelchen heran.

Die Mannschaft steigt aus. Einer nach dem anderen. Betreuer laufen hin und her. Etwas müde wirken die Jungs, aber das liegt bestimmt nur an der Fahrt. Schick sehen auch sie aus. Von den Turnschuhen bis zu den Trainingsanzügen – alles passt zusammen, perfekt auf die Farben des Vereins und des Sponsors abgestimmt. Man sieht, da ist allerhand Geld investiert worden. Der Auftritt hat schon etwas Selbstverständliches. Fast so wie bei den großen Stars der Liga. Nur die Fans fehlen.

Dafür steht ein dicker Mann in Trainingshose, Badeschlappen und Ringelshirt daneben und beobachtet die Szenerie. In rheinländischem Dialekt sagt er halblaut zu seiner Frau: "Kuckma! Dat sind die Ingolstädter. Sind dies Jahr aufjestiejen und haben noch kein einziges Mal ein Spiel jewonnen. Alle vier verloren. Und dann legen die hier sonen dicken Auftritt hin." Unverkennbar höhnisch sagt er das. Mit Schadenfreude in der Stimme.

Als zufällig in der Nähe stehender Ingolstädter zuckt man da innerlich zusammen. Am liebsten würde man im Boden versinken. Oder dem dicken Kerl wenigstens ein paar patzige Worte entgegenschleudern. Von wegen dicker Auftritt und so. Aber man reißt sich zusammen. Denn das Allerschlimmste: der Mann hat nicht ganz Unrecht. Jungs, wenn ihr nicht bald mal ein Spiel gewinnt, sind wir vor dem ganzen Land blamiert bis auf die Knochen!