(peh)
Stadtgeflüster vom 21. Oktober 2017

20.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr

(peh) Der bayerische Kurfürst Maximilian, Feldherr Graf Tilly, Fürstbischof Johann Anton von Knebel zu Katzenellenbogen oder Bischof Franz Ludwig Schenk von Castell haben eines gemeinsam: Sie alle waren Mitglieder der Ingolstädter Bürgerkongregation Maria vom Sieg.

Seit dem jüngsten Hauptfest der frommen Vereinigung, dem Rosenkranzfest am 8. Oktober, wird die Reihe der Mitglieder um einen bekannten Namen ergänzt. Bürgermeister Albert Wittmann, so ist zu hören, soll förmlich in den illustren Kreis aufgenommen worden sein. Von dieser Stelle unsere herzlichen Glückwünsche!

Aufschlussreich ist dabei ein Blick in die fest umrissenen religiösen Anforderungen der 1612 gegründeten Kongregation, die seit 1629 auch Frauen aufnimmt - für die damalige Zeit, als Schauspielerinnen im Laientheater in Ingolstadt nicht vor Männern auftreten durften, ein gewagter Akt. Der Eichstätter Bischof Johann Christoph von Westerstetten hatte nämlich entschieden, dass "zu weitherer Aufnehmung von Forthgang der Löbl. Fraternitaet, und pflanzung eyffriger Andacht die Anfangs ertheillte Bestätigung nicht allein auf die Mans-, sondern auch auf die Weibs Persohnen" ausgedehnt werden solle.

Aufgabe der Manns- als auch Weibspersonen war es seinerzeit, dass sie mindestens an den kirchlichen Hochfesten sowie zu Beginn der Fastenzeit die Beichte ablegen, dass sie täglich morgens und abends je fünf Vaterunser und Ave Maria, wöchentlich einmal den Rosenkranz beten, fleißig den Versammlungen und Gottesdiensten der Bruderschaft beiwohnen und sich besonders durch ein frommes Leben auszeichnen sollten. Die Mitglieder sollten "durch christliche Liebe einander brüderlich zugetan sein, in Krankheiten und Not beistehen, trösten und helfen und die Verstorbenen betend zum Grabe begleiten". Mittlerweile, so ist zu vernehmen, soll man das mit den Beichten und Rosenkränzen bei der Bruderschaft nicht mehr ganz so streng nehmen. . .

Natürlich würden wir unserem geschätzten ehemaligen Finanzbürgermeister niemals irgendwelche verborgenen Absichten unterstellen. Doppelschwör!! Und Ingolstadt geht's ja auch nicht so schlecht. Aber interessant ist es schon, dass die Kongregation im 18. Jahrhundert derart reich war, dass sie sich so Kostbarkeiten wie die Lepanto-Monstranz leisten konnte, die bekanntlich den Sieg gegen die Türken darstellt. Und als die Asamkirche zu Beginn des 19. Jahrhunderts derart haudig beinand war, dass sie einzustürzen drohte, war es die Ingolstädter Bürgerkongregation, die Bürgersinn bewies und die Maria de Victoria, wo sie heute noch ihren Sitz hat, vor dem Verfall bewahrte. Die Stadt war zu arm, um das Gebäude mit dem herrlichen Deckenfresko zu erhalten! Wie war das noch gleich mit der einsturzgefährdeten Sebastianskirche. . .