(ada)
Stadtgeflüster vom 21. Juni 2013

20.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:00 Uhr

(ada) Wer im hart umkämpften internationalen Tourismusgeschäft mitmischen will, der braucht vor allem eines: Ideen. Lang vorbei sind die Zeiten, als Namensschöpfungen wie Fränkische oder Holsteinische Schweiz ausreichten, Menschen in Gegenden zu locken, in denen es außer Wald, Wiesen und einigen idyllischen Felsen oder sanften Hügeln mit Kühen darauf nicht viel zu sehen oder zu erleben gibt.

Höchst kreativ sind dabei schon immer unsere österreichischen Nachbarn gewesen. Als in den 1970er Jahren zum Beispiel das Kärntner Nassfeld touristisch erschlossen wurde, gesellte man ihm flugs den Namen Sonnenalpe bei, denn Nässe ist bekanntlich ungesund und Regen der Feind jedes Touristikers. Genial waren auch die Salzburger, als sie in den späten 1980ern aus dem eher biederen Skigebiet Flachau/Wagrain in Anlehnung an den berühmten Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart die Sportwelt Ski amadé machten – ungeachtet der Tatsache, dass Mozart erwiesenermaßen Nicht-Skifahrer war, denn das Skifahren war zu seiner Zeit noch gar nicht erfunden. Allenfalls in Norwegen machte sich damals der erste Mensch im Winter mit Brettern an den Füßen auf die Jagd nach Rentieren.

Natürlich war man auch hierzulande in den vergangenen Jahren höchst kreativ. So wirbt im schönen Niederbayern seit einiger Zeit das Bayerische Golf- und Thermenland mit elitärem Sport und diversen Wohlfühlangeboten um die Gunst der Besucher. Und manchem Werbestrategen fallen sogar Dinge wie IngolStadtLandPlus ein.

Wenn sich die Teilnehmer der Oldtimer-Rallye Donau Classic heute auf einen Rundkurs mit dem klangvollen Namen Bayerische-Toskana-Tour begeben, gemeint ist eine Fahrt ins Altmühltal und die Gegend um Eichstätt, könnte man zunächst versucht sein, diese Bezeichnung als einen weiteren Gag eines findigen Touristikers abzutun, der sich vielleicht von den zahlreichen sogenannten Toskanahäusern im Speckgürtel Ingolstadts inspirieren ließ. Doch weit gefehlt.

Als das ehrwürdige Fürstbistum Eichstätt im Jahr 1802 im Zuge der Säkularisation unterging, fiel das Territorium für drei kurze Jahre an den Habsburger Ferdinand III., Großherzog der Toskana. Dieser hatte seinen Herrschaftsbereich in Italien aufgrund der Expansiongelüste des Franzosenkaisers Napoleon gerade eingebüßt, und jetzt suchte man international nach einer neuen Verwendung für ihn. Ferdinand hat sein neues Fürstentum jedoch dem Vernehmen nach nie betreten, er zog es vor, das ebenfalls vakant gewordene Fürsterzbistum Salzburg zu übernehmen und dort zu residieren. Später verschlug es ihn als Fürsten noch nach Würzburg, bevor er seine italienische Herrschaft zurückbekam. Und damit war es auch schon wieder vorbei mit der Toskana in Bayern.

Doch, wer an einem heißen Hochsommertag irgendwo zwischen Weißenkirchen, Moritzbrunn oder beim nach dem Großherzog benannten Ferdinandshof in der Nähe von Rupertsbuch auf einem Hügel steht, wer beobachtet, wie die Luft flirrend in den Himmel steigt, den Kopf dabei leicht schräg hält, die Augen leicht zusammenkneift, und in der Ferne die alten Pappeln zypressengleich wie Ausrufezeichen in der Landschaft stehen sieht, der spürt ihn doch, den Hauch der Bayerischen Toskana. Und Ingolstadt ist das Tor dorthin.