(rh)
Stadtgeflüster vom 20. Januar 2018

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr

(rh) Schade eigentlich, dass Ludwig II. von Bayern der Stadt Ingolstadt nicht öfter mal die Ehre seines königlichen Besuches erwiesen hat. Der traumselige Wittelsbacher hätte es ganz gewiss nicht versäumt, der Schanz einige Beispiele gefälliger Baukunst (mit Türmchen und so) zu hinterlassen, auf dass diese der altehrwürdigen Herzogsstadt zur Zierde gereichen und späterhin dem touristischen Aufblühen förderlich sein mögen.

Es hat nicht sollen sein.

Der Stadt war bereits vorher von seinem königlichen Großvater Ludwig I. ein militärischer Stempel als Landesfestung aufgedrückt worden, der bis in die Gegenwart prägend blieb: also Trutzbauten, wenngleich von höchster architektonischer Qualität, statt Märchenschlösser. Für den strategisch-militärischen Komplex hatte der psychisch labile Enkel wenig übrig, bestenfalls noch für die irdische Verkörperung des Soldatischen in Gestalt schlanker, attraktiver Offiziere. Eine eigenwillige Variante von bayerisch-dynastischem Impeachment wurde Ludwig schließlich zum Verhängnis. Man erklärte ihn für unzurechnungsfähig und ließ ihn festsetzen - was unweigerlich zur Frage führt, aus welchen Gründen Donald Trump ("Ich bin ein sehr stabiles Genie") nach wie vor im Amt ist.

Möglicherweise muss dieser Mann als die durch Wahlen legitimierte moderne Ausprägung des Märchenkönigs interpretiert werden, wie ihn unsere Zeit eben braucht. Schlechte Manieren, ein spielerischer Umgang mit der Realität (Fake News) sowie die souveräne Verachtung systematischer Arbeit am Schreibtisch (Warum Aktenstudium, wenn man eh schon alles weiß) bilden dafür die Grundvoraussetzungen, die der derzeitige Präsident der Vereinigten Staaten in idealer Weise mitbringt. Sein Leibarzt hat Trump zudem erst vor wenigen Tagen pflichtgemäß eine überragende körperliche und geistige Verfassung bescheinigt. Bei einem einschlägigen Test habe der prominente Proband sogar gezeichnete Tiere wie Löwen oder Nashörner erkennen können.

Kritisch droht es für das Großgenie im Weißen Haus erst dann zu werden, wenn es auf Twitter die Botschaft verkünden lässt, dass soeben Donald Trump an der Seite seiner Gemahlin Melania I. und unter den Huldigungen der Kurfürsten von Russland und Nordkorea zum ersten Kaiser der ganzen Welt gekrönt worden sei.