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Stadtgeflüster vom 19. Februar 2016

18.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:11 Uhr

(rh) Fastenzeit, das ist mehr als nur die alljährliche Askese für Anfänger. Es ist auch die Zeit, in der einem überall in den Wirtschaften wieder die Fastenprediger auflauern, die in ihren braunen Mönchskutten die Gäste mit gut gemeinten Humorversuchen traktieren.

Doch der Herr des Himmels hat es wieder einmal weise eingerichtet und den Menschen dazu das Starkbier gegeben, auf dass ihnen die tollpatschigen Bemühungen der Derblecker die gute Laune nicht verdürben.

Politiker erwecken meist den Eindruck, als würden sie sogar ohne Zufuhr von alkoholischen Getränken die öffentlich dargebotene Bußfertigkeit genießen. Insbesondere auf dem Münchner Nockherberg - der Fortsetzung des Narrentreibens von Veitshöchheim mit anderen Mitteln - lachen Söder & Co. mit rosigen Gesichtern hemmungslos in die Kameras des Bayerischen Fernsehens, als hätte Angela Merkel soeben die deutschen Grenzen abgeriegelt. Wer als Politiker das deftige TV-Spektakel nicht so lustig findet, sollte sich dem Publikum auf keinen Fall zu erkennen geben, sonst wird er bis zu seinem Lebensende als humorloser Sozialdemokrat gebrandmarkt und ist damit natürlich für die Wähler endgültig erledigt.

Vom Nockherberg führt - Fastenzeit hin oder her - wohl kein Weg zur spirituellen Erneuerung des Menschen. Eher schon über die totale TV-Abstinenz. Da sich die Anschläge auf den guten Geschmack der Zuschauer zunehmend häufen, bieten die Fastenwochen einen idealen Anlass, um dem Stumpfsinn à la Dschungelcamp mit aller Entschlossenheit den Nährboden zu entziehen. Erfahrene Fernsehverweigerer berichten von ungeheuren Glücksgefühlen, wenn sie auf den Programmseiten des DK nachlesen können, welcher Humbug ihnen diesmal wieder erspart geblieben ist.