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Stadtgeflüster vom 12. Juli 2016

11.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:34 Uhr

(sic) Wenn man Chinesen so richtig ärgern will, muss man auf das Thema Fußball anspielen. Das trifft sie immer hart. Sie wären nämlich so gern auch auf dem Felde der Ballkunst eine Weltmacht - so wie bereits in der Wirtschaft, in der Stahlproduktion, in der Wissenschaft, im Militärwesen, bei der Spionage oder bei der Verfolgung frecher Oppositioneller.

Da sind die Chinesen spitze. Und eigentlich auch in allen Sportarten. Außer eben: Fußball. Die chinesische Nationalmannschaft (Fifa-Rang 81) sähe vermutlich selbst gegen Island nicht besser aus als vor zwei Wochen das traurige England. In China ist der Verdruss ob des ewigen Kreisligatums der Staatskicker enorm. "Wir sind 1,4 Milliarden Menschen! Da werden doch verdammt noch mal elf dabei sein, die ordentlich den Ball treffen!", klagen die frustrierten Funktionäre der Kommunistischen Partei und machen dabei ein Gesicht wie Rudi Völler 1985 nach Klaus Augenthalers Blutgrätsche. Doch auch Wehklagen schießt keine Tore. China trifft einfach nicht.

Aber das wird sich bald ändern. Die Fußballschule unseres FC 04 ist nämlich gerade in Peking zu Gast. Während des Fußballferiencamps für Kinder können die kleinen Chinesen lernen, wie kindgerechte Entwicklungshilfe ausschaut. Vermutlich so: "Das ist also ein Ball, und der muss da in dieses Tor rein! Aber immer nur in ein bestimmtes pro Halbzeit. Sonst nennt man das Eigentor. Und das ist nicht gut. Außer für den Gegner." Solche Tipps werden sicher fruchten, denn wenn es gegen Gegner geht, sind überzeugte Chinesen immer besonders motiviert. Jetzt können die chinesischen Kinder alle taktischen Tricks der Schanzer ausspionieren und kopieren.

Am nächsten Samstag reisen übrigens für eine Woche 20 Schüler der High School Nr. 1 aus unserer Partnerstadt Foshan an. Sie werden im Scheiner-Gymnasium den Unterricht besuchen und in Gastfamilien wohnen. Hier aus diplomatischen Gründen eine Bitte an die Eltern: Sie können mit den jungen Leuten über alles reden, sogar über Grundrechte (das kennen die eh nicht), aber besser nicht über Fußball! Denn das bringt sie in Verlegenheit. Sollte das Thema doch anrollen, lieber präventiv den chinesischen Philosophen Konfuzius zitieren: "Fußball ist deshalb spannend, weil niemand weiß, wie das Spiel ausgeht." Oder war das von Sepp Herberger