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Stadtgeflüster vom 1. Juni 2012

31.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

(rh) Kultur ist, wenn man’s trotzdem macht. Wer wüsste das besser als unsere Georgier, die seit Jahr und Tag für kargen Lohn, gleichwohl mit Inbrunst und Hingabe ihre Saiten streichen – zur Freude und Erbauung vieler Ingolstädter Musikfreunde. Geld ist eben nicht alles auf der Welt, sagen sich die tapfer musizierenden Ensemblemitglieder beim Blick auf des Finanzbürgermeisters millionenschwere Bilanzen.

Eine inspiriert vorgetragene Mozart-Serenade kann Menschen glücklich machen, aber nie und nimmer rentierliche Schulden produzieren, wie sie der Stadtkämmerer so gerne mag.

Selbst hartgesottene Finanzpolitiker überkommt immer eine gewisse Rührung, wenn Impresario Jürgen Köhler seinen Jahresbericht vorlegt. Von manch anderer städtischen Tochter riesige Schuldenberge gewöhnt, erhalten die Stadtratsexperten von der zuständigen Georgisches Kammerorchester Ingolstadt Konzertgesellschaft GmbH geradezu minimalistische Gewinn- und Verlustrechnungen. So wird in der aktuellen Jahresbilanz 2011 ein Minus von genau 11 425,52 Euro ausgewiesen. Für diese Summe greift ein IFG-Vorstand nicht einmal zum Telefonhörer.

Jürgen Köhler jedoch, rechte Hand des Kulturreferenten und nebenamtlicher Geschäftsführer der Georgier, muss mit einem dürftigen Stammkapital seiner GmbH von 46 000 Euro leben. Wie der Mann mit bescheidensten pekuniären Mitteln einen Konzertbetrieb aufrechtzuerhalten vermag, bleibt sein Geheimnis. Ob ihm die Tatsache, dass Oberbürgermeister Alfred Lehmann zum Sprecher der Gesellschafterversammlung bestimmt wurde, dabei sehr viel weiterhilft, darf bezweifelt werden. Denn der Rathauschef hat seine leidenschaftliche Liebe zur klassischen Musik bisher doch mehr im Verborgenen ausgelebt.

Man kann Lehmanns Vorbehalte gut verstehen. So ein Klassikabend, gerade bei der späten deutschen Symphonik, kann sich ganz schön hinziehen. Bis so ein Komponist mit einem Satz zum Ende kommt, das dauert im Einzelfall bis zu einer dreiviertel Stunde! Effizienz und Wirtschaftlichkeit sind was anderes. So ein viersätziges Werk rechnet sich einfach nicht. Ob das Georgische Kammerorchester schon einmal eine Symphonie von Jean Sibelius dargeboten hat, fällt uns gerade nicht ein. Von dem finnischen Komponisten ist der einschlägige Satz überliefert: „Über Musik kann man am besten mit Bankdirektoren reden. Künstler reden ja nur übers Geld.“