Mühlbach
Stadt und Schulleitung setzen auf Prävention

Ermittlungen zum Skandal an der Kaminkehrerschule Mühlbach dauern an Workshops gegen Rechts starten im April

16.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr

Nach den rechtsextremistischen Vorkommnissen setzt die Kaminkehrerschule Mühlbach auf Prävention. ‹ŒArch - foto: Kirschner

Mühlbach (uke) Die Ermittlungen der Kriminalpolizei wegen der Vorfälle im Januar an der Kaminkehrerschule in Mühlbach dauern an. Einem Ausbilder wird vorgeworfen, nach Unterrichtsende mit Schülern Nazi-Parolen gegrölt und verbotene Lieder gesungen zu haben.

"Die Ermittlungen laufen", sagt Albert Brück, Sprecher der Polizeidirektion Niederbayern/Oberpfalz. Details dazu würden nicht veröffentlich. Es handle es sich um ein laufendes Verfahren der Kripo Regensburg in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth - unter anderem wegen eines Verstoßes gegen Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs - die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Das Ausbildungszentrum für das Kaminkehrerhandwerk der Oberpfalz, Ober- und Unterfranken in dem Dietfurter Ortsteil war Anfang Februar überregional in die Schlagzeilen geraten, nachdem dem Bayerischen Rundfunk heimlich gedrehte Videos zugespielt worden waren. Sie zeigten einen Ausbilder, der im Raucherraum des Internats zusammen mit Schülern "Sieg Heil", "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" oder das verbotene "Horst-Wessel-Lied" grölte. "Uns liegen Videosequenzen vor", bestätigt Brück, die ausgewertet würden.

Die Leitung der Schule distanzierte sich aufs Schärfste von den Vorkommnissen. Der Ausbilder erhielt Hausverbot. Peter Wilhelm als Leiter der Kaminkehrerschule erstattete Anzeige und kündigte intensive Aufklärungsmaßnahmen an. Seinen Ankündigungen hat er längst Taten folgen lassen. Am 12. April startet nach Angaben von Wilhelm in Mühlbach ein erster Workshop für die Ausbilder. In weiteren Veranstaltungen, die letzte ist für Juni geplant, werden dann die Auszubildenden für das Thema sensibilisiert. Laut der Dietfurter Bürgermeisterin Carolin Braun (SPD), die im Schulterschluss mit Wilhelm die Präventionsmaßnahmen auf den Weg gebracht hatte, erfolgen diese in Zusammenarbeit mit BIGE, der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus. Außerdem soll das Ausbildungszentrum eine "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" werden. Auch hierfür wurden Braun zufolge bereits die Weichen gestellt.

Auch die Jugend soll für das Thema sensibilisiert werden. Auf Einladung von Stadt und Mittelschule kommt am Dienstag, 8. Mai, das Junge Theater Augsburg nach Dietfurt. In der Sieben-Täler-Halle spielt das Ensemble für die achten und neunten Jahrgangsstufen das Stück "Krass". Es handelt laut Homepage des Theaterensembles vom "Krass-Sein, von Dschihad-Girls und IS-Kriegern auf der einen, von Neonazis und rechten Kämpfern auf der anderen Seite". Das mobile Impulstheaterstück für Schulturnhallen basiert auf O-Tönen, Recherchematerial, Interviews und biografisch-dokumentarischen Fragmenten. "Wir müssen unsere Kinder frühzeitig mit dem Thema rechte Gewalt konfrontieren", sagt Rektorin Elisabeth Plankl - auch wenn sie froh ist, dass es keine einschlägigen Vorfälle gibt.

Denn das war nicht immer so. Gerade im Raum Dietfurt traf sich vor rund zehn Jahren die rechte Szene. Bei vielen Bürgern werden Erinnerungen wach an die unschönen Ereignisse am Anfang des neuen Jahrtausends. Die Kameradschaft Altmühltal, eine rechte Gruppe, die in ihrer Anfangszeit der rechtsextremistischen Skinhead-Szene zuzurechnen war, traf sich damals regelmäßig im ehemaligen Schlossbräustüberl in Wildenstein. Das trug den martialischen Namen "Excalibur" und stand in den Jahren 2004 und 2005 unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Nicht angemeldete Fackelwanderungen und Sonnwendfeiern wurden abgehalten. Nicht von ungefähr war es die Sieben-Täler-Stadt, in der sich Bürger zum Aktionsbündnis gegen Rechts zusammenschlossen. Ihre Bemühungen sollten schließlich Erfolg haben. Eine Investorengruppe kaufte vor zwölf Jahren den rechten Szenetreff. Heute liegt das ehemalige Dorfwirtshaus wieder im Dornröschenschlaf.

Doch auch wenn es in Dietfurt ruhig geworden ist, die Kameradschaft Altmühltal ist nach wie vor aktiv. Das hat eine Anfrage unserer Zeitung ergeben. Laut Dietmar Winterberg vom Polizeipräsidium Oberpfalz ist sie seit vergangenem Jahr sogar wieder vermehrt in Erscheinung getreten. "Ihr Wirkungsbereich ist vor allem der Raum Neumarkt", berichtet der Polizeisprecher. Und noch schlimmer: "Hatten zunächst im Mittelpunkt der Aktivitäten Partys, Skinhead-Musik und Provokationen gestanden, fand in den vergangenen Jahren eine zunehmende Politisierung statt, die insbesondere durch Beteiligungen an rechtsextremistischen Versammlungen offenkundig wurde", so Winterberg. Er weiß von strafrechtlichen Ermittlungen 2014 gegen Angehörige der Kameradschaft, die mit Verurteilungen abgeschlossen wurden.

Einzelne Aktivisten würden Kontakte zur NPD pflegen und die Partei "Der III. Weg" unterstützen. Aufklärung und umfassende Informationen seien deshalb wichtiger denn je.