Ingolstadt
Stadt als Spiegel der Gesellschaft

Linke starten Reihe zur Kommunalwahl mit dem Thema Stadtplanung

14.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:16 Uhr

Ingolstadt (DK) Moderne gegen Tradition – wenn es nach den Ausführungen von Joachim Hägel geht, ist das auf dem Spielbrett der Ingolstädter Stadtplanung zumindest im Moment eine sehr ungleiche Partie. Der Architekt, der Öffentlichkeit auch bekanntgeworden durch sein Engagement in der Bürgergemeinschaft und den inzwischen vollzogenen Rückzug aus ihren Reihen, referierte am Freitagabend bei der Auftaktveranstaltung der Ingolstädter Linken zum Thema „Lebens(t)räume – in welcher Stadt wollen wir leben“ vor einem überschaubaren Kreis interessierter Bürger und Parteimitglieder.

Ziel der sechsteiligen Konferenzreihe: die Findung eines linkskonformen Wahl- und Parteiprogramms für die im kommenden Jahr anstehenden Stadtratswahlen.

Zweistöckige Hallenbauten im Güterverkehrszentrum, deren alternativer Verwendungszweck im Falle einer möglichen Absatzkrise auf dem Automobilmarkt (Hägel erinnerte an die Krise in den 1990er Jahren) bislang ungeklärt ist. Wohnungsknappheit, die durch ein nach Ansicht Hägels von Wahlkampftaktik angetriebenes Einheimischenmodell („Ich verstehe es nicht“) eingedämmt werden soll. Ein augenscheinlich seinem Schicksal überlassenes Körnermagazin, dessen Schützenswertigkeit für Hägel („Vorläufer des Eisenbetonbaus“) unumstritten ist. Das Georgianum und seine zukünftige Nutzung, die Schlosslände, das Kongresszentrum („Wir haben es geschafft, der Bevölkerung klarzumachen, was für ein voluminöses Gebäude das wird“) – die Liste des streitbaren Architekten ist lang, wenn es um angebliche Planungssünden in der Schanz geht, die ihm und anderen schon lange ein Dorn im Auge sind.

„Wir sollten nicht von schnell wachsenden Metropolen wie in China lernen, wir sollten auf das aufpassen, was wir haben“, gab er zu bedenken. Wachstum sei nicht nur eine Frage der Höhe. Auch warnte Hägel vor einem weiteren Anknabbern des Grüngürtels der Stadt: „Der Grünring muss erhalten bleiben, hier darf keine Scheibe mehr abgeschnitten werden.“

Ein anderes Schwerpunktthema war die Innenstadt: Zentrifugale Kräfte wie das FOC, der Westpark oder Interpark trieben alles aus der Stadt heraus, so Hägel. Früher habe es dort sogar noch Kleingewerbe gegeben, heute sei die Fußgängerzone vor allem eines: ein verkehrsberuhigter Bereich. „Die Kaufkraft dahin zurückzuholen, dauert genau so lange, wie es gedauert hat, sie hinaus zu bekommen.“

Hägel definierte in seinem Vortrag den Begriff „Stadt“ aus der Perspektive ihrer Bevölkerungsgruppen. Er machte aber auch deutlich, welche Lebensmittelpunkte (fünf weiterbildende Schulen, Verwaltungen, Kirchen, Museen, Lokale, Wochenmarkt) sich in ihr befinden: „Die Stadt spiegelt eine Gesellschaft aus verschiedenen Zielgruppen“, stellte er fest. Ingolstadt besitze – auch durch seine Festungsgeschichte – zwar ein ideales Stadtmodell. Dennoch werde in der Stadtplanung daraus zu wenig gemacht, so der Kritiker.

In der Diskussion wurden einige Punkte wieder aufgegriffen. Ingolstadt sei seit dem Krieg zu rasant gewachsen, hieß es da auch, und ein Besucher hatte deshalb eine Diagnose parat: „Wenn ein junger Mensch zu schnell wächst, dann kriegt er einen Haltungsschaden.“