Stadler muss jetzt liefern

Kommentar

04.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:27 Uhr

Bei Audi herrschen nach der jüngsten Aufsichtsratssitzung wieder einigermaßen klare Verhältnisse: Im Kontrollgremium der VW-Tochter sind die Lücken gefüllt, die sowohl der Kampf um die Macht im Wolfsburger Automobilimperium als auch der Abgas-Skandal geschlagen hatten. Zudem sind mit der Berufung von Stefan Knirsch zum neuen Technikchef auch im Vorstand die Reihen wieder geschlossen.

Ferner treibt nun eine US-Anwaltskanzlei bei Audi die Aufklärung der hauseigenen Abgas-Affäre voran.

Fehlt noch etwas? Ja: Rupert Stadler ist – ganz im Gegensatz zu den düsteren Erwartungen so mancher Branchen-Auguren – noch immer Vorstandsvorsitzender von Audi. Ganz selbstverständlich ist das nicht, denn der Boss der Wolfsburger Premiumtochter war in den zurückliegenden Wochen gehörig unter Druck geraten. Einerseits trieb die nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit geratene Wahrheit über die Schummel-Software im eigenen Dreiliter-Diesel einigen Aufsichtsräten die Falten auf die Stirn. Andererseits verursachte Stadlers Vorstandstätigkeit in drei Stiftungen des Piëch-Clans zur Verwaltung des Familienvermögens bei manchen Audi-Kontrolleuren nicht geringes Bauchgrimmen. Denn das passt unter Compliance-Gesichtspunkten nicht ganz zusammen, hat zumindest ein G’schmäckle.

Doch scheinen die Arbeitnehmer und die im VW-Konzern sehr mächtige IG Metall hinter Stadler zu stehen. Immerhin stärkte Audi-Betriebsratschef Peter Mosch dem Vorstandschef – ohne dessen Namen zu erwähnen – den Rücken: Die vom Vorstand eingeleiteten Maßnahmen zur Aufklärung der Abgas-Affäre zeigten, „dass wir auf dem richtigen Weg sind“. Und Aufsichtsratsvize Berthold Huber von der IG Metall sekundierte, die voranschreitende Aufklärung sei „ein gutes Zeichen“. Das klingt schon anders als im September, als unter tatkräftiger Mithilfe der Metaller VW-Konzernchef Martin Winterkorn abgesägt wurde.

Die Solidarität mit Stadler ist allerdings eine auf Widerruf. Denn jetzt kommt es darauf an, wie Audi aus den Kalamitäten möglichst ohne größeren finanziellen Schaden und massive Absatzeinbußen wieder herausfindet. Zudem müssen jetzt Innovationen auf die Straße, um den Anschluss gerade an die davoneilende Stuttgarter Konkurrenz von Mercedes zu halten. BMW ist ohnedies fast schon über alle Berge. Zudem werden die immer heftigeren Erschütterungen bei VW auf die Konzerntöchter durchschlagen. Die nächsten Jahre werden heftig – Stadler muss jetzt liefern.