Ingolstadt
Staatsanwaltschaft geht gegen 58 Ingolstädter und einen Straubinger Fan vor

22.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:45 Uhr
ERC fans mit Banner, ERC Ingolstadt vs Thomas Sabo Ice Tigers, Eishockey, DEL, Deutsche Eishockey Liga, Spieltag 51, 02.03.2018, OLIVER STRISCH, st-foto.de −Foto: Oliver Strisch

Ingolstadt (DK) Nicht nur im Fanlager des Tabellenletzten FC Ingolstadt herrscht helle Aufregung.

Auch beim ERC Ingolstadt, der im Gegensatz dazu sportlich hervorragend unterwegs ist, wird weiterhin fleißig diskutiert und auch spekuliert, seit die Ingolstädter Ultra-Fangruppierung Gioventu die Verhängung von 58 mehrjährigen und bundesweit gültigen Stadionverboten gegen Eishockeyfans aus ihren Reihen öffentlich gemacht hat. Beim Sonntagsheimspiel waren große Lücken im Fanblock zu sehen.

Hintergrund ist - wie mehrfach berichtet - eine gewaltsame Konfrontation zwischen zwei größeren Gruppen mit Straubinger und Ingolstädter Anhängern am Rande eines Spiels vor fast auf den Tag genau einem Jahr in der Straubinger Innenstadt. In der Folge liefen Ermittlungen der Straubinger Polizei und der dortigen Staatsanwaltschaft wegen Landfriedensbruchs (also Gewalttaten und Bedrohungen aus einer Menschenmenge heraus). Wie die Staatsanwaltschaft Straubing auf Anfrage des DONAUKURIER mitteilte, wurden gegen 62 mutmaßlich beteiligte Personen aus dem Ingolstädter Lager zwischen 15 und 34 Jahren Ermittlungsverfahren geführt. Nach dem Abschluss der Ermittlungen gingen 14 Anklagen gegen Ingolstädter zum Amtsgericht Straubing raus, zudem beantragte die Strafverfolgungsbehörde in 38 Fällen den Erlass von Strafbefehlen, die ohne öffentliche Hauptverhandlung verhängt werden. Sechs Verfahren gegen Jugendliche wurden an die zuständige Staatsanwaltschaft Ingolstadt abgegeben. Verfahren gegen vier Ingolstädter wurden laut dem Straubinger Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Fiedler mangels Tatnachweises eingestellt.

Zusammengezählt (14 plus 38 plus 6) werden daraus jene 58 Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft (mutmaßlich aufgrund von glaubhaften Zeugenaussagen) von einer relevanten Tatbeteiligung an der Auseinandersetzung ausgeht und entsprechende Verurteilungen beziehungsweise Ahndungen erreichen will - und in denen nun die Stadionverbote beantragt und inzwischen von der Deutschen Eishockey-Liga verhängt wurden.

Wie das Amtsgericht Straubing gestern dem DK auf Anfrage mitteilte, läuft die juristische Aufarbeitung der Fälle erst an. Bisher sind dort noch keine Strafbefehle erlassen worden. Hinsichtlich der 14 Anklagen werde es laut der Behördensprecherin Elfriede Schütz zudem eine Änderung geben: Letztlich sollen - wohl aus prozessökonomischen Gründen - nur Anklagen gegen zwei bis drei der Hauptbeteiligen auf Ingolstädter Seite bleiben, die sich dann in einer Hauptverhandlung für die Vorwürfe verantworten müssen. Die anderen bisherigen Anklagen sollen von der Staatsanwaltschaft Straubing in weitere Strafbefehlsanträge umgewandelt werden.

Sollten vom Amtsgericht verhängte Strafbefehle ohne Einspruch akzeptiert und rechtskräftig werden, kommt das einem Geständnis des jeweiligen Beschuldigten gleich. Bei einem Einspruch käme es auch hier zu einer öffentlichen Hauptverhandlung. Bisher sind aber - wie erwähnt - weder Strafbefehle in Straubing erlassen noch bei den Angeklagten die Termine für Prozesse in Sicht.

Besonders heiß diskutiert wird in Ingolstädter Fankreisen die Zahl der mutmaßlich an der Auseinandersetzung beteiligten Fans auf Straubinger Seite. Wie Oberstaatsanwalt Fiedler auf Anfrage bestätigt, konnten - trotz einer offenbar größeren Menschenmenge - nur drei Straubinger im Alter zwischen 18 und 24 Jahren namentlich ermittelt werden. Zwei Verfahren seien mangels Tatnachweises eingestellt worden. Gegen den dritten Straubinger sei der Erlass eines Strafbefehls beantragt worden. Gegen ihn wurde von der DEL inzwischen offenbar ebenso ein mehrjähriges bundesweites Stadionverbot verhängt.

Da die Ermittlungen abgeschlossen sind, kam der Ligenbetreiber nicht mehr umhin, alle Stadionverbote zu verhängen. Laut seiner eigenen Spielordnung reicht sonst schon die Einleitung von Ermittlungsverfahren für diesen Schritt.

Christian Rehberger