Saarbrücken
Staatsanwalt interessiert sich für Praktiker-Pleite

Ermittler gehen Verdacht der Insolvenzverschleppung nach Fünf ehemalige Vorstandsmitglieder im Visier

10.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:29 Uhr

Saarbrücken (AFP) Ein Jahr nach der Pleite der Baumarktkette Praktiker ist das Aus des Unternehmens nun ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungsbehörden in Saarbrücken und Hamburg gehen dem Verdacht der Insolvenzverschleppung nach.

Im Auftrag der Saarbrücker Staatsanwaltschaft ist derzeit ein Sachverständiger damit beschäftigt, ein Gutachten zu Praktiker zu erstellen. Er müsse erst einmal herausfinden, ab welchem Zeitpunkt Praktiker reif war für die Insolvenz, erklärte gestern ein Sprecher der Ermittlungsbehörde. Danach erst lasse sich die Frage beantworten, ob die zu jenem Zeitpunkt zuständige Konzernführung es versäumt habe, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Wann das Gutachten fertig sei, sei noch nicht ganz abzusehen. „Die Staatsanwaltschaft erhofft sich noch im laufenden Jahr erste Erkenntnisse“, sagte der Sprecher.

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen derzeit fünf ehemalige Vorstände der Baumarktkette. Die Ermittler führten sie derzeit aber nur deshalb als namentlich Beschuldigte, weil gegen sie Anzeigen vorlägen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter. In den beiden Jahren vor der Pleite hatte es bei Praktiker mehrere Wechsel an der Spitze gegeben. Wer also letztlich für eine mögliche Verschleppung der Insolvenz verantwortlich zu machen wäre, hängt davon ab, welchen Zeitpunkt der Gutachter für die Insolvenzreife ermittelt.

Neben dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung gab es den Angaben zufolge auch eine Anzeige wegen Untreue. Der Vorwurf stehe im Zusammenhang mit Beraterverträgen, die kurz vor der Pleite abgeschlossen worden sein sollen. Hinweise, dass wirklich Geld abgezweigt wurde, haben die Ermittler demnach aber bisher nicht gefunden.

Genau ein Jahr ist es her, dass der Baumarktriese Praktiker Insolvenz angemeldet hatte, in deren Strudel auch die Tochtermarke Max Bahr unterging. 15 000 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz, fast 400 Filialen wurden geschlossen.

Wie lange die juristische Nachlese einer so großen Konzernpleite dauern kann, zeigt der Fall der Drogeriemarktkette Schlecker. Deren Insolvenzantrag liegt schon zweieinhalb Jahre zurück. Ende Juni 2012 machten die letzten Schlecker-Läden dicht, zwei Monate später die letzten Filialen der Töchter Schlecker XL und Ihr Platz.

Seit exakt zwei Jahren ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen der Pleite des Einzelhandelimperiums gegen Unternehmensgründer Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte. Es geht ebenfalls um den Verdacht der Insolvenzverschleppung, außerdem um Untreue und Bankrott. Bei der Pleite der Drogerieketten hatten insgesamt fast 30 000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren.