Neuburg
Sprung vom Windrad in 140 Meter Tiefe

Fritz von Philipp ist "Base-Jumper" / Jetzt probierte er es eindrucksvoll in Kienberg

24.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:14 Uhr

 

Neuburg (r) Es war eine Deutschland-Premiere mit drei Zuschauern. Und die waren ein bisschen nervös: Ein Mensch steht auf dem 140 Meter hohen Windrad von Kienberg und springt herunter. Extremsportler Fritz von Philipp aus Neuburg riskierte den atemberaubenden Sprung mit dem Fallschirm.

Er landete problemlos am Rande eines Maisfeldes. „Das Risiko ist beherrschbar.“ Fritz von Philipp (45) zeigt sich ganz sicher – sonst würde er nicht springen. Der Neuburger ist durchtrainiert vom Scheitel bis zur Sohle. Er sucht das Abenteuer beim Klettern und beim Wildwasserfahren. Und er ist einer von etwa 40 professionellen „Base Jumpern“ in Deutschland. Sie hüpfen von Felsen, Brücken, Hochhäusern.

Mit der Routine von 200 Base-Sprüngen nimmt Fritz von Philipp das Kienberger Windrad ins Visier. Die Idee entstand bei einer Besichtigung mit der Raiffeisenbank. Betreiber Herbert Kugler ist einverstanden und lässt sich eine Eigenhaftungserklärung geben.

An einem windstillen Morgen fährt der „Windmüller“ mit dem „Base-Jumper“ im Aufzug nach oben. Die beiden klettern die letzten Meter durch den Rotorkopf und treten auf einer Plattform ins Freie. Der Blick reicht weit ins Donautal hinüber bis Neuburg, Burgheim und weiter.

Der Springer konzentriert sich auf den nächsten Schritt. Unten am Boden kann Ehefrau Vanessa eine gewisse Nervosität nicht verbergen. Oben nimmt ihr Mann einen kleinen Anlauf und springt ab. Der Sportler steht kerzengerade in der Luft und zieht mit der rechten Hand den Fallschirmgriff. Ohne diesen Zug löst der Schirm nicht aus. Von Philipp hat alles im Griff.

Ein kleiner Schirm öffnet sich und zieht den großen mit heraus. Nach 30, 40 Metern ist er voll entfaltet, der Sportler kann ihn jetzt steuern. Fritz von Philipp fliegt weg vom Masten, nimmt eine elegante Rechtskurve und landet sanft und stehend am Rande eines Maisfeldes, keine 100 Meter von der Basis des Windrades entfernt.

Alles hat geklappt. Der Flug dauerte etwa fünf Sekunden. „Die Entspannung danach ist großartig“, beschreibt der Neuburger Extremsportler seine Empfindungen. Er wolle die Herausforderung, aber nicht um jeden Preis: „Ich bin vor dem Absprung auch schon umgekehrt“. Wenn irgendetwas nicht stimme – Wind, Wetter, Gelände oder ein Gefühl – sage er Nein.

Er sprang mit dem Fallschirm von Felsen am Gardasee und 2011 von der Eiger-Nordwand. Es war die bisher längste Flugphase. Zuvor mussten die Alpinisten nach oben klettern. Einmal zog es ihn nach Millau, zur größten Seilbrücke in Frankreich und der Welt. Ehefrau Vanessa ließ ihn blitzschnell aus dem Auto aussteigen, der Sportler überwand ein drei Meter hohes Geländer, und dann ging es über 270 Meter in die Tiefe. "Von der Millau-Brücke zu springen, ist eigentlich streng verboten."

Base-Jumping – das Springen von festen Objekten aus – gewinnt angeblich immer mehr aktive Anhänger in Deutschland. Auch Frauen stürzen sich mit dem Fallschirm von Brücken und Felsen. Die Sportler haben sich im „Verein Deutscher Objektspringer e. V.“ organisiert und geben klare Sicherheitsregeln vor. Begriffe wie Adrenalin, „kick“ und „fun“ tauchen unwillkürlich auch auf.

Springen von Windrädern gehört zur Szene. Von einer 140 Meter hohen Anlage soll allerdings noch keiner gehüpft sein. Die Fotos zeigen, dass Fritz von Philipp nach dem Absprung lächelte. Windmüller Herbert Kugler „bekreuzigte sich zur Sicherheit“. Mit dem Aufzug fuhr er nach unten und gratulierte zum Sprung: „Grandios“. Vielleicht versucht es der Neuburger Extremsportler noch einmal – dann aber mit dem Wingsuit, einem Anzug, wie ihn „Batman“ trägt.