Pfaffenhofen
Sprücheklopfen auf dem Schulhof

Mach’s wie Luther: Pfaffenhofener Schüler hämmern ihre Thesen an eine rollende Holzkirche

06.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr
Auf den Spuren Luthers: Freddy (13) hämmert seine „These“ fest, die nur aus einem Wort besteht: „Hoffnung“. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Welche Thesen würden Jugendliche heute, 500 Jahre nach Martin Luther, an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nageln? Zwei Vertreter der Evangelischen Jugend Ingolstadt wollten das jetzt in der Pfaffenhofener Mittelschule genauer wissen.

Mit einer selbst gebauten Holzkirche reisen die Mitarbeiter derzeit durch das Dekanat und laden an Schulen zum „Sprücheklopfen“ ein. An die hundert Siebtklässler, Christen, Muslime und Ethikschüler, hatten sich zur Open-Air-Reli-Stunde auf dem Schulhof der Pfaffenhofener Mittelschule versammelt. An vier Stationen wurde ihnen Luthers Leben und Lehre nähergebracht. Und zwar ganz praktisch, quasi Luther zum Anfassen. Beispiel: Der Reformator stand für seine Überzeugung ein. Aufgabe: Welche Worte verbindest du mit „Überzeugung“? Die Antworten sollten mit Buchstabenwürfeln auf Holzspieße gereiht werden. Willensstärke, Mut, Ehrlichkeit fiel den Hauptschülern dazu ein. Oder: Luther übersetzte die Bibel aus dem Lateinischen ins Deutsche, damit jeder sie lesen und sich mit den Texten auseinandersetzen kann. Aufgabe: Wie würdest du die ersten Verse des Psalms 121 („Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat ...“) übersetzen?

Spannend dann die Thesen, die die Zwölf- und 13-Jährigen formulieren sollten. Luther verdammte Ablasshandel, das Fegefeuer, die Prunksucht der Kirche und forderte Nächstenliebe und Unterstützung Bedürftiger. So weit entfernt davon sind die Pfaffenhofener Schüler nicht. Sie wollen eine gerechtere Gesellschaft und nagelten an die Holztür der Kirche auf Rädern Zettel mit Aufschriften wie diese: „Ich würde dafür sorgen, dass überall Gleichheit herrscht“, „Armen muss geholfen werden“, „Menschen sollen Frieden schließen“, „Es darf kein Mobbing geben“.

Gespart wurde auch nicht mit Kritik an der Kirche, egal ob evangelisch oder katholisch: „Kirche sollte nicht so langweilig sein“, „Kirche sollte wie ein zweites Zuhause sein“.

Für die Initiatoren der Aktion, die geschäftsführende Dekanatsjugendreferentin Catharina Demmer und Diakon Sebastian Schäfer, war die Religionsdoppelstunde ein voller Erfolg: „Toll, wie die Schüler mitgegangen sind.“ Die Ergebnisse werden wissenschaftlich ausgewertet und am 23. September in der Ingolstädter „Halle neun“ auf einer Podiumsdiskussion mit Regionalbischof Hans-Martin Weiss, Bürgermeister Sepp Mißlbeck und Dekanin Gabriele Schwarz diskutiert. Thema: Was erwarten Kinder und Jugendliche von Kirche, Politik und Gesellschaft?