Thalmässing
Spritzen statt Spitzen

Nach dem Räumungsverkauf zieht beim Leyerer eine Arztpraxis ein Resteverkauf im Januar

22.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:53 Uhr

Jetzt ist bald Schluss: Sogar das Inventar und Dekostücke werden verkauft.

Thalmässing (HK) Auch wenn die Schließung eines traditionsreichen Ladens immer einen bitteren Beigeschmack hat, ist das Leyererteam mit dem Ausverkauf dennoch zufrieden. Und vor allem glücklich, dass 2017 eine Arztpraxis in die Räume des Textilfachgeschäfts einziehen wird.

"Unsere schlaflosen Nächte waren umsonst." Petra Assenbaum wirkt erleichtert. Das Konzept von Unternehmensberater Jürgen Blömeke ist aufgegangen: "Wir haben megaviel verkauft", sagt der zufrieden mit dem Blick auf die leerer gewordenen Räume. Und das, obwohl das Team des Textilfachgeschäfts auch in den Monaten seit dem Beginn des Ausverkaufs am 20. September immer wieder frische Ware ausgepackt hat. "Im Textilbereich gibt es immer ein halbes Jahr Vorlauf", erklärt Annemarie Mailinger. "Bei der Vororder im Frühjahr haben wir noch nicht gewusst, wohin der Weg geht."

Der hat nach über 190 Jahren zum Aus für den Laden geführt, den Annemarie Mailinger und ihr Bruder Johannes Assenbaum mit seiner Frau Petra vor 35 Jahren von Grete und Hans Lederer (genannt Leyerer) übernommen hatten. Sie hatten aus dem damaligen Gemischtwarenladen ein Textilfachgeschäft gemacht. Auch wenn sich dadurch vieles geändert hat, einige Dinge sind gleich geblieben: der enge Kontakt zum Kunden und der Qualitätsstandard. "Nur Qualität ist wirklich preiswert", ist Annemarie Mailinger nach wie vor überzeugt. In Zeiten, in denen die Kunden immer mehr im Internet bestellen und in denen die Ortskerne immer leerer werden, konnte sich dieses Konzept aber nicht mehr halten. "Wir haben viele Stammkunden gehabt und hätten gerne weitergemacht", sagt Annemarie Mailinger nachdenklich. "Aber die Kundenfrequenz hat einfach nicht mehr gereicht." Ohne die engagierten Mitarbeiter, da ist sie sich sicher, hätte man nicht so lange ausgehalten.

Damit der Räumungsverkauf vernünftig abgewickelt werden kann, holten sich die Geschäftsinhaber Jürgen Blömeke aus Allersberg ins Haus. Der sorgte zwar immer wieder für Sorgenfalten bei den Besitzern, wenn er dazu riet, neue Ware in den Laden zu holen, setzte sich aber mit seinen Ratschlägen durch. "Jürgen Blömeke hatte mit seinen Ideen recht", sagt Petra Assenbaum rückblickend. "Die Kunden sollten bis zum Schluss immer wieder schöne Teile finden und die auch in ihrer Größe, damit sie immer wieder ins Geschäft reinschauen", erläutert der Unternehmensberater. "Die Kunden sollten nicht das Gefühl haben, es gibt nichts mehr", ergänzt Petra Assenbaum.

Zwischen 30 und 40 Geschäftsaufgaben und -übernahmen hat Jürgen Blömeke bereits gemacht, "und ich lerne aus jeder Schließung". Deswegen war er sich auch sicher, dass es sinnvoll ist, trotz des Ausverkaufs immer wieder Neues anzubieten. So wurden in den vergangenen Monaten auch Taschen, Koffer und Börsen neu in das Sortiment aufgenommen. "Textil und Leder passen gut zusammen", weiß Unternehmensberater Blömeke.

"Ohne Herrn Blömeke wäre es nicht möglich gewesen, den Ausverkauf auf so sinnvolle Weise durchzuziehen", ist Annemarie Mailinger überzeugt. Der weiß auch, warum das so ist. "Die Geschäftsinhaber, die aufhören, machen das nur einmal. Ich habe das schon oft gemacht."

Eigentlich sollte am heutigen 23. Dezember die Ladentür endgültig abgeschlossen werden. Doch das Leyererteam hat sich entschlossen, vom 9. bis 29. Januar noch einen letzten Restpostenverkauf anzubieten. In diesen drei Wochen wird es auch möglich sein, Inventar des Ladens oder Erinnerungsstücke zu erwerben. Darüber werden die Kunden noch in einem persönlichen Brief informiert.

In dem Brief steht aber auch noch etwas Wichtiges und ganz Aktuelles: Im Laden wird eine Arztpraxis einziehen. "Uns war es wichtig, einen weiteren Leerstand in Thalmässing zu verhindern", sagt Annemarie Mailinger. Deshalb habe man verschiedene Optionen für die Zeit nach der Schließung durchgespielt. Es habe auch immer wieder Interessenten gegeben, die aber meist nur einen Teil der Räume mieten wollten.

Mit der Thalmässinger Ärztin Annegret Steinbrink-Hatzig, die derzeit als Internistin in einer Neuburger Praxis arbeitet, hat der Laden jetzt eine neue Mieterin gefunden. "Am Mittwoch war schon ein Architektentermin", sagt Petra Assenbaum zufrieden. Denn bereits drei Tage nach der endgültigen Schließung des Ladens sollen am 1. Februar die Handwerker das Regiment übernehmen. Mit dieser Lösung schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Es steht kein weiterer Laden leer und in Thalmässing lässt sich wieder eine dritte Arztpraxis nieder. "Das wird dann ein richtiges Ärztehaus", sagt Jürgen Blömeke scherzhaft. Denn im ersten Stock des Gebäudes gibt es bereits eine Arztpraxis.

Auch wenn Petra Assenbaum, Sylviane Assenbaum und Sabine Brunner im Februar den Gang zum Arbeitsamt antreten müssen, empfinden sie keine Bitterkeit. "Wir freuen uns mit jedem Teil, das bei den Kunden gut ankommt", resümiert Annemarie Mailinger. Und sogar für den Resteverkauf im Januar wird zurzeit noch neue Ware ausgepackt. "Wenn die Kunden Schnäppchen machen, hat jeder was davon. Der Kunde, aber auch der Laden", ist Blömeke überzeugt. "So traurig es ist, der Ausverkauf hat sich gelohnt."