Paris
Spricht Obama nun mit Putin oder nicht?

Bei der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in Nordfrankreich steht die Krisendiplomatie im Vordergrund

05.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:36 Uhr

 

Paris (AFP) Riesige Tribünen sind am Strand von Ouistreham aufgebaut, doch besonders spannend ist, was hinter den Kulissen passieren wird. Denn die heutige Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in der Normandie bekommt angesichts der weltpolitischen Großwetterlage eine besondere Brisanz: Unter den geladenen Gästen sind US-Präsident Barack Obama und der russische Staatschef Wladimir Putin, deren Verhältnis wegen der Ukraine-Krise frostig ist wie nie zuvor. Auch der neugewählte ukrainische Staatschef Petro Poroschenko kommt – viele hoffen auf Zeichen der Entspannung aus der Normandie.

Seit Tagen gibt es pausenlos neue Ankündigungen, wer wann wen treffen wird. Möglichkeiten gibt es viele, schließlich reisen rund 20 Staats- und Regierungschefs zu den Zeremonien an die nordfranzösische Küste, neben Obama, Putin und Poroschenko auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der britische Premier David Cameron und Königin Elizabeth II. sowie der kanadische Regierungschef Stephen Harper. Ein Gespräch zwischen Merkel und Putin, mit dem die Kanzlerin seit Beginn der Ukraine-Krise oft telefoniert hat, ist fest eingeplant.

Mit besonderer Spannung aber wird verfolgt, wie Obama und Putin in der Normandie miteinander umgehen werden. „Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass Präsident Obama nicht mit dem russischen Präsidenten reden will“, warf der abgebrühte Putin in einem Interview mit französischen Medien kurz vor den D-Day-Feiern den Ball in das Feld seines US-Kontrahenten. „Es ist seine Entscheidung, ich bin zum Dialog bereit.“

Obama aber will Putin wegen seines Vorgehens in der Ukraine auf keinen Fall ein formelles Gespräch gewähren, wie sein Umfeld betont. Schließlich habe der US-Präsident alles unternommen, um Putin international zu isolieren. Aufeinandertreffen werden die beiden indes auf jeden Fall. Zunächst im Schloss Bénouville, wo Gastgeber François Hollande in kleinem Kreis ein festliches Mittagessen für die Ehrengäste gibt. Und anschließend bei der Hauptzeremonie am Strand von Ouistreham – da allerdings in einem deutlich weniger intimen Rahmen: Erwartet werden 9000 Gäste.

Putin, der schon gestern Abend in Paris mit Hollande und Cameron zusammentraf, dürfte es genießen, dass in der Normandie alle Augen auf ihn gerichtet sein werden. War er doch nach der einseitigen Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim in russisches Staatsgebiet vom Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der größten Industrienationen ausgeladen worden. Nun gibt es das große Wiedersehen einen Tag später. Putin von den D-Day-Feiern auszuladen, wäre undenkbar gewesen, schließlich hatte kein Land im Zweiten Weltkrieg mehr Opfer zu beklagen als die Sowjetunion.

Das diplomatische Kräftemessen am Rande wird vermutlich den hunderten alliierten Veteranen des D-Day die Show stehlen, die eigentlich im Mittelpunkt der Zeremonie stehen sollen. Es wird für die allermeisten von ihnen wohl die letzte große Zehnjahresfeier zum Gedenken an die Alliierten-Landung.

Für die Sicherheit bei den Veranstaltungen sollen 7500 Polizisten und 3600 Soldaten sorgen, den ganzen Tag über wird in einem 80 Kilometer langen und 20 Kilometer breiten Küstenstreifen der Verkehr erheblich eingeschränkt sein. Nichts soll die Gedenkfeiern stören – und die Krisenberatungen am Rande der D-Day-Zeremonien.