Thalmässing
Sportzentrum kostet über elf Millionen Euro

Gewaltige Steigerung auch größerem Umfang geschuldet - Entscheidung in weiterer Sondersitzung

02.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:49 Uhr

Thalmässing (HK) Die schlechte Nachricht: Die Kosten für das geplante Sportzentrum steigen von zuletzt anvisierten 6,8 auf jetzt 11,5 Millionen Euro.

Die guten Nachrichten: Die Förderungen, die Kommune und TV06 Thalmässing als Bauherren abgreifen können, steigen enorm. Und die gewaltige Summe von 6,5 Millionen Euro (inclusive 25 Jahre lang Sportförderung von 50000 Euro jährlich für den Turnverein), die unterm Strich die Kommune finanzieren muss, können gestemmt werden.

Spätestens beim Anblick der an die Wand geworfenen Agenda mit dem Punkt "Auswirkungen auf den Finanzplan" haben bei der Sondersitzung des Thalmässinger Marktrats am Dienstagabend alle gewusst, dass es an diesem Abend um mehr geht als um die pure Vorstellung der Planung für das neue Sportzentrum. Denn dieses Großprojekt ist schon seit über acht Jahren fest im Finanzplan der Kommune verankert - mit nicht geringen Summen. 2012 wurden die Kosten für eine Einfachturnhalle auf etwa drei Millionen Euro geschätzt, 2012 stand eine Dreifachhalle für 7,8 Millionen Euro im Raum. Die wurde 2017 auf eine 2,5-fach-Halle für 6,8 Millionen Euro reduziert. Und diese Kosten hatten die Mitglieder des Marktrats im Hinterkopf, als zur Sondersitzung ins Feuerwehrhaus eingeladen wurde.

In der sollten die Weichen gestellt werden für den Bau des Sportzentrums, wie Bürgermeister Georg Küttinger (TL) zu Beginn den Mitgliedern des Marktrats und den über 50 Zuhörern, vorwiegend aus den Reihen des TV06 Thalmässing, erklärte. Und damit für "die wohl bedeutendste Entscheidung in der Geschichte Thalmässings". Noch nie habe es ein Projekt mit einer solchen Tragweite gegeben. Küttinger war aber auch klar: "Das Vorzeigeprojekt steht und fällt damit, ob sich die Kommune dieses Kostenvolumen leisten kann. "

Bei den Kosten, die Architekt Tobias Wieland schließlich in den Raum stellte, fiel zwar angesichts der Vorzeichen und der ausgiebig vorgestellten Planung mit einer Fülle von Vorschriften (siehe eigenen Bericht) niemandem die Kinnlade runter, doch schlucken mussten einige Teilnehmer der Sitzung doch. 11,5 Millionen Euro sollte dieses Großprojekt kosten, wobei der Planer für die gewaltige Erhöhung der Kosten plausible Erklärungen vorlegte. Bei der Variante mit der Kostenschätzung von 6,8 Millionen Euro sei das Volumen des Projekts geringer gewesen als jetzt. Ein großer zusätzlicher Brocken ist die Mensa mit der Cateringküche für die Schule, die statt der Räume für den Schützenverein eingebaut wird. Sie schlägt mit über einer Million Euro zu Buche, würde aber als gesondertes Gebäude etwa das Dreifache kosten, so Wieland. Die Kostensteigerung ist unter anderem auch den Anforderungen für ein barrierefreies Gebäude, einem zweiten Treppenhaus, einem vom Gesetzgeber für die Schule geforderten Kraftraum, der doppelten Fläche für den Gastronomiebereich und der vor wenigen Wochen beschlossenen Positionsänderung nach Osten geschuldet. Dazu kommen noch Preissteigerungen von rund 15 Prozent. Das macht summa summarum 11,5 Millionen Euro.

Von denen kann man laut Architekt etwa 400000 Euro ohne große Einschnitte einsparen, wenn auf Vordächer, Balkon, Gründächer für Anbauten, Panoramafenster oder den Boulderbereich verzichtet wird. "Eine relevante Einsparung wäre nur möglich, wenn man ganze Bereiche weglassen würde. "

Da Kommune und Verein als gemeinsame Bauherren auftreten, gibt es Zuschüsse für die Schulturnhalle aus FAG-Mitteln und für die Mensa. Bürgermeister Georg Küttinger rechnet damit, dass die höher ausfallen werden als jetzt angesetzt, da der Gesetzgeber mit dem Recht auf Ganztagesbetreuung ab 2025 die Kommunen unterstützen muss, wenn sie dafür die Voraussetzungen schaffen. Der Bayerische Landessportverband (BLSV) unterstützt den Anteil des Turnvereins mit 45 Prozent der förderfähigen Kosten, ursprünglich lag dieser Satz bei 20 Prozent. Auch der Anteil des günstigen Darlehens steigt von 10 auf 20 Prozent der förderfähigen Kosten.

Für die Kommune bleibt ein Kostenanteil von 5,3 Millionen Euro, dazu kommen 1,2 Millionen Euro, weil sie 25 Jahre lang jährlich 50000 Euro an den Turnverein als Sportförderung ausschütten muss. Zu den Kosten für die Sportförderung addieren sich pro Jahr 80000 Euro an Betriebskosten, von denen die Kommune 62000 Euro übernehmen muss. Für die alte Turnhalle muss die Kommune im Jahr rund 32000 Euro an Betriebskosten hinblättern.

Den Kosten stellte der Bürgermeister den "Gewinn" gegenüber. Für diese 6,5 Millionen Euro bekomme Thalmässing ein Multifunktionsgebäude, eine 2,5-fach-Sporthalle mit drei Hallendritteln für den Schul- und Breitensport, eine Mensa zur Mittagsbetreuung direkt gegenüber der Schule, eine Veranstaltungshalle für bis zu 300 Besucher und einen Gymnastikraum als zusätzliches Raumangebot für VHS oder Sportvereine.

Kämmerer Martin Obermeyer konnte dann mit seinen Zahlen die Sorgenfalten der Marktratsmitglieder wieder etwas glätten. Dank derzeit gut sprudelnder Steuern und vieler Bauplatzverkäufe könne die Kommune ihre aktuellen Investitionen aus laufenden Haushaltsmitteln bestreiten, die auf 5,5 Millionen Euro angewachsene Rücklage musste noch nicht angegriffen werden. Da für die Turnhalle im Finanzplan schon rund 4,5 Millionen Euro eingestellt gewesen seien, betrage die Kostenmehrung für die Gemeinde "nur" rund 750000 Euro. Auch die jährliche Belastung von 112000 Euro im Verwaltungshaushalt sollte laut Obermeyer kein Problem sein. "Die Handlungsfähigkeit ist auch künftig gegeben", versicherte er unter dem Beifall der Zuhörer.

Angesichts der großen Summen habe er schlaflose Nächte gehabt, räumte Küttinger ein. Dass die Mitglieder des Marktrats, die diese Entwicklung erst an diesem Abend erfuhren, von "Zahlen und Fakten erschlagen" seien, sei nicht verwunderlich. Ein Beschluss solle an diesem Abend auch nicht gefasst werden, vielmehr würden die Mitglieder des Gremiums alle Unterlagen bekommen, könnten sie diskutieren und Fragen formulieren.

"Die Zeit ist reif" war sich der Bürgermeister trotz der hohen Kosten sicher. Zudem habe die Kommune mit dem TV06 einen starken Partner, der nicht nur fordere, sondern auch anschiebe. Als Pluspunkte zählte Küttinger die erhöhten Fördersätze, die vier Nutzungen des Gebäudes und die Niedrigzinsphase auf. Er gab aber auch zu: "Niemand kann in einer Glaskugel sehen, ob die Hochstimmung so anhält. " Als er vorschlug, das Vorhaben so anzugreifen, quittierten die Zuhörer das mit viel Beifall.

"Das wird es so nie wieder geben", warb auch Torsten Hahn (W), Mitglied im Marktrat und TV-Vorsitzender, für die Realisierung des Vorhabens. "Es ist ein Wahnsinnsglück, dass die Zuschüsse erhöht wurden. " In weit über 50 Sitzungen haben Mitglieder der Verwaltung und des Turnvereins die Planungen mitgestaltet, auch sämtliche Turnratssitzungen seien von diesem Projekt geprägt. "Wir dürfen nicht nur die Kosten, sondern müssen auch den Nutzen sehen. "

Als "gelungen" bezeichnete Michael Kreichauf (CSU) die Planung und sah in dem Projekt einen "Mehrwert für die Marktgemeinde". Er warnte aber davor, die Finanzierung auf die leichte Schulter zu nehmen. "Das wird eine Herkulesaufgabe für den Markt Thalmässing. " Die Mitglieder des Marktrats müssten nun die Unterlagen in Ruhe durcharbeiten können, "einfach durchzuwinken wäre der falsche Weg". "Wir können das schon stemmen", lautete Küttingers "persönliche Einschätzung", zumal die letzten Abrechnungen wohl nicht vor 2024/2025 eintrudeln würden. Es werde wohl 2021 werden, bis das Projekt gestartet werden könne, da derzeit die Genehmigung des BLSV wegen der Fülle der Förderanträge bis zu einem Jahr dauern könne.

Die Sorge von Kreichauf, dass zugunsten des Großprojekts andere Maßnahmen verschoben werden müssten, versuchte der Bürgermeister zu entkräften. "Wir haben kein Problem, die Projekte, die angestoßen worden sind, umzusetzen", versicherte er. Zusätzlich zum Sportzentrumbau würden auch im Umgriff Maßnahmen kommen wie die Sanierung der Badstraße samt der Oberflächenkanäle, zusätzliche Parkplätze und die Erneuerung der kaputten Buswendeschleife. "Das sind Sowieso-Kosten", erklärte er, weshalb sie nicht in die Bausumme eingerechnet seien.

Johannes Mailinger (CSU) befürchtete dass die Kosten noch weiter steigen, wenn man ein Jahr auf die Entscheidung des BLSV warten müsse. Davon geht Architekt Tobias Wieland nicht aus. "Die Branche ist überhitzt. Das ist eine Blase, die platzen wird. " Erste Anzeichen dafür gebe es bereits, dass die Firmen nicht mehr ganz so viele Aufträge hätten.

Geplant ist nun ein Beschluss in einer weiteren Sondersitzung des Thalmässinger Marktrats, dann werden die Anträge an Landratsamt und BLSV gestellt und die Planungen parallel weitergeführt.

Andrea Karch