Ingolstadt
Sport treiben statt Kampftrinken

09.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:16 Uhr

Tipps für Jugendliche: "Katerpackz", das sind Tütchen, die sich mit den Auswirkungen einer durchzechten Nacht beschäftigen, verteilen die Mitarbeiter der mobilen Jugendarbeit ab morgen. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Das Thema Alkohol und Jugendgewalt wird in der Stadt mehr denn je heiß diskutiert. Während Politik und Polizei eine längere Sperrzeit ins Auge fassen, startet die mobile Jugendarbeit zwei Projekte zur Prävention.

"Wir haben uns ganz intensiv bemüht", sagt der städtische Pressesprecher Gerd Treffer über die Anstrengungen der Verwaltung. Mit den Wirten hat das Ordnungsamt eine Selbstverpflichtung vereinbart, dass sie keine Flatrate-Partys (zum Festpreis trinken, so viel wie geht) mehr anbieten. Alle Ingolstädter Tankstellenbetreiber bis auf zwei haben sich zudem verpflichtet, am Wochenende abends nur mehr eingeschränkt Alkohol zu verkaufen.
 
"Wir sind dann aber schon erstaunt, wenn statt einer Flatrate-Party dann eine All-inclusive-Party beworben wird", sagt Treffer wenig amüsiert über diesen Etikettenschwindel des Wirtes, vor dessen Diskothek es vor einer Woche den Großeinsatz der Polizei gegeben hatte. "Wir sind hart im Gespräch mit ihm", kündigt Treffer an. "Er tut sich selbst, den Wirten und der Stadt überhaupt keinen Gefallen damit."
 

Auch andere Institutionen machen sich intensiv Gedanken. "Das wird im Moment alles etwas hochgekocht. Man könnte statt Alkohol auch Themen wie Drogen genauso nennen", sagt Diakon Christof Bayer, geschäftsführender Vorstand des Diakonischen Werkes. Die Diakonie ist Träger der mobilen Jugendarbeit im Nordosten und (gemeinsam mit der Stadt) seit einem Jahr auch im Südviertel. Die Mitarbeiter dort versuchen, mit einem neuen Projekt einen Zugang zu den Jugendlichen und dem Thema Alkohol zu schaffen. "Wir wollen da unseren Beitrag zur Prävention leisten", sagt Streetworkerin Maria Bayerlein. Sie verteilt mit den Kolleginnen ab sofort "Katerpackz", Tütchen, die sich mit den Auswirkungen einer durchzechten Nacht beschäftigen.

Mit den "Packz" kommen die Jugendarbeiter leicht an die jungen Leute ran, weiß Bayerlein. "Vielleicht regt das dann auch an, darüber zu sprechen und nachzudenken. Dann wäre schon viel gewonnen." In den Tütchen sind unter anderem ein Kaugummi, Traubenzucker, verschiedene kleine Faltblätter mit Informationen und vor allem auch Notfallnummern. "Wir erleben das immer wieder, dass Jugendliche überfordert sind, wenn jemand aus ihrer Clique völlig weggetreten rumliegt", sagt Bayerlein. Deshalb ist in dem "Katerpack" eine Karte mit vermeintlich lustigen Schaubildern, die deutlich machen: "Achtung! Es könnte wirklich gefährlich werden. Lieber den Notarzt rufen."
 
Die Idee, über das Geschenk in der Tüte den ersten Schritt auf Jugendliche zu zu machen, haben die Streetworker aus Nürnberg übernommen. Auch ihr zweites Projekt im Bemühen um Alkohol- und Gewaltprävention, das in Ingolstadt aufgegriffen wird, läuft in Franken seit Jahren erfolgreich: Am Wochenende werden regelmäßig die Sporthallen aufgesperrt, damit Jugendliche dort zwischen 23 und 1 Uhr Fußball, Basketball oder etwas anderes spielen können. Mitternachtssport heißt das Projekt, das bewirken soll, dass die über 16-Jährigen "die Freitagnacht anders verbringen als mit Trinken. Also Sport treiben statt Kampftrinken", erklärt Jugendarbeiterin Gabi Pulm-Muhr.
 
Am 26. Februar geht es beim TSV Nord los. Stadträtin Christina Braun hat die Schirmherrschaft übernommen und einen Kontakt zum ERC Ingolstadt hergestellt. Zur Premiere des Mitternachtssports werden Eishockeyspieler für eine Autogrammstunde kommen.
 
Jeden letzten Freitag im Monat wird die Halle dann geöffnet werden. Vier Termine stehen vorerst fest. "Wir würden uns natürlich wünschen, dass sich noch mehr Träger beteiligen und wir den Mitternachtssport dann jedes Mal in einer anderen Halle und einem anderem Stadtviertel abhalten könnten", sagt Pulm-Muhr. "Die Jugendliche sind begeistert, die freuen sich alle darauf."