Spekulationsverluste - Verkauf und Neukauf am selben Tag

28.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:33 Uhr

Wer binnen eines Jahres Wertpapiere mit Verlust verkauft und am selben Tag wieder kauft, kann dies dennoch steuerlich geltend machen. Das hat jetzt der Bundesfinanzhof entschieden und damit eine jahrelange Streitfrage zwischen Anlegern und Finanzämtern geklärt.

Es handele sich dabei nicht um Gestaltungsmissbrauch im Sinne des Paragraphen 42 der Abgabenordnung (AO) – selbst dann nicht, wenn der Anleger dieselbe Stückzahl an Papieren wieder erwirbt (Aktenzeichen IX R 60/07). Um dem Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs zu entgehen, waren Anleger bis dato gut beraten, eine Schamfrist von ein paar Tagen verstreichen zu lassen. Das galt, wenn sie bei einem bestimmten Wertpapier aus steuerlichen Gründen Verluste realisierten, die Papiere aber dann wieder kaufen wollten, da sie von den langfristigen Chancen des Papiers überzeugt waren. So hatte etwa das schleswig-holsteinische Finanzgericht (Az.: 5 K 286/03) im September 2006 Gestaltungsmissbrauch angenommen, wenn die Papiere am Tag nach dem Verkauf wieder erworben wurden.An- und Verkauf seien eigenständige Vorgänge

Nach Meinung des Bundesfinanzhofs steht es im Belieben des Anlegers, ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder ankauft. Bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen handelt es sich laut BFH um eigenständige und damit auch separat zu beurteilende Vorgänge.Abgeltungsteuer brachte veränderte Rechtslage

Der Fall bezieht sich auf die steuerliche Rechtslage vor Inkrafttreten der Abgeltungsteuer Anfang 2009. Denn seither sind Kursgewinne auf Wertpapiere unabhängig von der Haltedauer stets zum Satz von 25 Prozent steuerpflichtig. Anleger, die 2008 Wertpapiere geordert haben, bei denen die einjährige Spekulationsfrist aber noch nicht abgelaufen sind, können sich das Urteil aber auch heute noch zunutze machen. Denn für vor 2009 angeschaffte Aktien, Fonds und andere Wertpapiere gilt grundsätzlich die Altfallregelung, und damit auch noch die einjährige Spekulationsfrist ab dem Kaufzeitpunkt.

Tipp: Anleger, die langfristig von einem Wertpapier überzeugt sind, aber aus steuerlichen Gründen gezielt verrechenbare Altverluste produzieren möchten, können das Urteil nutzen, um die Papiere aus 2008 innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist zu verkaufen und gleich wieder einsteigen. Die auf diese Weise produzierten Altverluste lassen sich etwa mit neuen Spekulationsgewinnen aus 2010 verrechnen, die Verrechung ist allerdings nur im Wege der Steuererklärung möglich. Sind keine Spekulationsgewinne in 2009 vorhanden, kommt auch ein Verlustrücktrag ins Vorjahr in Frage. Der Fiskus würde dann zuviel entrichtete Steuern gegebenenfalls erstatten. Auch für die Zukunft ist das Urteil relevant, da man getrost aus strategischen Gründen Verluste produzieren kann, wenn es sinnvoll ist, auch dann, wenn man das Papier kurze Zeit später wieder kauft. Ob allerdings ein Einstieg nur Minuten nach dem Ausstieg womöglich doch als Gestaltungsmißbrauch gewertet werden könnte, ist derzeit offen.