Berlin
Spahn begrüßt Debatte über Bluttests vor der Geburt

08.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:15 Uhr
Eine Hebamme tastet den Bauch einer schwangeren Frau ab. −Foto: Caroline Seidel/Illustration

Es ist eine sensible Frage, über die der Bundestag grundsätzlich diskutieren will: Wie weit soll man mit Gen-Untersuchungen zur Gesundheit ungeborener Kinder gehen? Erste Positionen werden klar.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat eine grundlegende ethische Debatte über Bluttests für Schwangere etwa auf ein Down-Syndrom des Kindes begrüßt.

„Die Frage, welche Entscheidung aus einem solchen Ergebnis kommt, die können wir als Gesellschaft mit beeinflussen“, sagte er am Montag in einem „Bild“-Interview. „Das wünsche ich mir, dass wir sagen: Es ist völlig ok, wie ihr Euch entscheidet, wir helfen bei jeder Entscheidung.“ Vor einer für diesen Donnerstag geplanten Bundestagsdebatte sprach sich die CDU-Spitze für intensive Begleitung und Aufklärung mit Blick auf die Tests aus.

Zur Frage, ob Bluttests künftig von den Krankenkassen bezahlt werden sollen, wurden bereits unterschiedliche Positionen deutlich. Spahn zeigte sich offen dafür und verwies auf höhere Risiken bei ebenfalls möglichen Fruchtwasseruntersuchungen, die bereits Kassenleistung sind. „Allein schon um Risiko zu minimieren, kann man dann eben auch sagen, müssen die Kassen es zahlen.“ Dies entscheide aber nicht die Politik, sondern der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken. Hierzu läuft derzeit ein Verfahren.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, die unter anderem untersuchen, ob das Kind mit Down-Syndrom auf die Welt kommen würde. Lange hatte sich dies zuvor während der Schwangerschaft nur mit einer Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen. Bisher sind die rund 130 Euro teuren Bluttests meist selbst zu zahlen.

Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte, er persönlich sei für eine Kassenfinanzierung. Zugleich betonte er nach einer Diskussion über das Thema im CDU-Präsidium, Beratung und Betreuung von Eltern, die diesen Test machen, müssten „immer Ja sagen zu Leben“. Jedes Leben sei gleich viel Wert und besitze die gleiche Würde, „egal ob mit Down-Syndrom oder mit einer anderen Beeinträchtigung“. Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hätten in der Sitzung nicht zu erkennen gegeben, zu welcher Option sie tendierten, sagte Ziemiak. Die CDU wolle in ihrer Debatte über ein neues Grundsatzprogramm darüber weiter offen diskutieren - eine Parteivorgabe solle es nicht geben.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Armin Laschet sagte: „Ich finde, die Kassen sollten das nicht finanzieren. Das Signal, dass man im Vorfeld über die Wertigkeit von Leben urteilt, halte ich für falsch.“ Er sprach aber von einer „sehr persönlichen Gewissensentscheidung“, die jeder Bundestagsabgeordnete fällen müsse. Es sei gut, diese Debatte nun öffentlich zu führen.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) begrüßten ebenfalls eine gesellschaftliche Diskussion über die Bluttests. „Diese grundlegende ethische Debatte gehört in den Deutschen Bundestag, dort muss entschieden werden“, sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer. Das Parlament will sich am Donnerstag in einer offenen „Orientierungsdebatte“ ohne Fraktionsvorgaben mit den Tests befassen. Konkrete Anträge zur Sache könnten dann in nächsten Schritten folgen.

Mehr als 100 Bundestagsabgeordnete haben sich für eine Klärung grundlegender ethischer Fragen stark gemacht. Sie verweisen auch auf weitere Fortschritte von Gendiagnosen - deswegen sei in der Gesellschaft zu klären, wie mit solchen Erkenntnissen umzugehen sei. Menschen mit Down-Syndrom würden mit ihrer Sicht auf ihr Leben und die Tests bisher zu wenig in die Diskussion einbezogen, hieß es in einem Papier, das Parlamentarier von Union, SPD, Grünen, Linken und FDP im Oktober vorgelegt hatten.

Bei einem Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom mehr als andere Menschen. Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden, daher auch die Bezeichnung Trisomie 21. Folgen sind körperliche Auffälligkeiten und eine verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung. Die Ausprägungen sind aber sehr unterschiedlich.

dpa