Pfaffenhofen
Spagat zwischen Tradition und Innovation

PK-Interview mit Manuel Müller, Junior-Chef bei Müllerbräu, über bewährte und neue Biersorten

03.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:43 Uhr

Manuel Müller ist Junior-Chef bei Müllerbräu und hat im Ausland viele Eindrücke bezüglich der Braukunst gesammelt. Müller hat festgestellt, dass die Biervielfalt in den USA viel größer als in Deutschland ist. - Foto: oh

Pfaffenhofen (PK) Mit dem kürzlich vorgestellten Red Nax, einem Imperial Pale Ale (IPA), geht Müllerbräu neue Wege. PK-Redakteur Manuel Holscher sprach mit Junior-Chef Manuel Müller kurz vor dem Pfaffenhofener Volksfest über das neue IPA, seine Aufgaben und die Pläne für die Zukunft.

Herr Müller, vergangene Woche haben Sie in Pfaffenhofen Ihr neues Imperial Pale Ale mit dem Namen Red Nax öffentlich vorgestellt. Wodurch zeichnet sich das Bier aus?

Manuel Müller: Das Red Nax ist ein stärker eingebrautes Bier mit obergäriger Ale-Hefe und einer hohen Hopfengabe. Mit dem ausgeprägten Hopfenaroma unterscheidet sich das IPA von allen Bierstilen, die wir in Bayern sonst kennen. Die Fruchtnoten nach Mango oder Pfirsich, die man riecht und schmeckt, kommen ausschließlich über den Hopfen – in diesem Fall der Sorte Citra. Das IPA ist natürlich nach unserem Reinheitsgebot gebraut.

 

Wie wurde es bisher angenommen?

Müller: Die Reaktionen sind überwiegend positiv. Das ausgeprägte Hopfenaroma irritiert schon manchen traditionellen Biertrinker, dafür kommt das IPA gerade bei Frauen sehr gut an. Es gab vereinzelt Kritik, dass das IPA nur im Weinglas angeboten wird. Aber es ist kein Bier, das man in großen Mengen trinkt, eher schon als Aperitif.

 

Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Bier anzubieten?

Müller: In Bayern dominieren Weißbier und Helles den Markt. Und die Biere werden immer ähnlicher. Deshalb sind Innovationen gefragt. Ich habe mich bei einer meiner Reise an die US-Ostküste inspirieren lassen: Die so genannten Craft-Brewers in den USA experimentieren viel, zum Beispiel mit Hopfengaben. Das IPA ist dort ein Highlight, das jede Brauerei im Angebot hat. Unser junger Braumeister Alexander Büch, der seit Oktober vergangenen Jahres im Amt ist, hat bereits Erfahrungen mit IPAs. Also haben wir es versucht.

 

Welche neuen Kreationen sind in Zukunft geplant?

Müller: Zunächst stand jetzt eben die Markt-Einführung des IPA auf dem Plan. Daneben kann ich mir schon seit längerem ein Stout in unserem Sortiment vorstellen. Wir werden jede neue Bierkreationen aber selbstverständlich nur nach dem Reinheitsgebot brauen. Grundsätzlich sind weitere Spezialbiere eine Option für die Zukunft. Nachdem wir bei Müllerbräu unseren eigenen Hopfen anbauen, werden wir heuer auch neue Sorten („Flavoured Hops“) einlegen. Denn jetzt stehen uns auch in Deutschland sehr vielversprechende Aroma-Hopfen zur Verfügung, die man bislang nur in den USA bekommen hat. Relativ neu im Markt ist unser „White Bob“, ein Lager, das in einer Aluminiumflasche angeboten wird und vorrangig die jüngere Zielgruppe anspricht.

 

Sie sind mit erst 25 Jahren Junior-Chef von Müllerbräu. Wann hat sich dieser Weg angedeutet?

Müller: Ich bin mit dem Familienunternehmen auf- und in die Funktion reingewachsen. Schon während der Schulzeit habe ich in der Brauerei gearbeitet und unter anderem Flaschen sortiert. Ich habe zwar kein Brauerstudium, sondern Betriebswirtschaft studiert, was aber ja für die Führung eines Unternehmens durchaus hilfreich ist. Die Verantwortung in einem Unternehmen mit Familientradition ist ganz besonders groß. Das Teamwork mit meinem Vater, der auf einen großen Erfahrungsschatz zurückblickt, ist aber optimal.

 

Wo liegen Ihre beruflichen Schwerpunkte?

Müller: In einem mittelständischen Unternehmen sind sie in leitender Position überall gefordert. Ich kümmere mich vorrangig um Marketing, Verkauf und das Personalmanagement. Neben der Festigung unserer führenden Rolle auf dem Heimatmarkt, orientiere ich mich auch zunehmend im Export. Wir pflegen bereits intensive Kontakte nach Italien, Schweden, England und in die USA. In diesen Ländern kommen unsere Produkte sehr gut an und ich sehe erhebliches Potenzial.

 

Was zeichnet Ihre Brauerei aus?

Müller: Ich denke der Spagat zwischen Tradition und Innovation gelingt uns ganz gut. Wir machen traditionelle Biere, die bei internationalen Verkostungswettbewerben regelmäßig mit Preisen bedacht werden. Und wir beschäftigen uns intensiv mit Neuem. Dazu sind wir in der Region fest verwurzelt: Wir schaffen mittel- und unmittelbar Arbeitsplätze. Und wir unterstützen eine Vielzahl von Sportvereinen und Initiativen.

 

Wo gibt es bei Ihnen persönlich noch Nachholbedarf?

Müller: Ich möchte mir noch mehr Kenntnisse über das handwerkliche Bierbrauen aneignen. Ein entsprechender Kurs bei der VLB (Versuchs- und Lehrbrauerei Berlin) in Berlin ist bereits geplant.

 

Wie steht es aus Ihrer Sicht um das Bier in Deutschland?

Müller: Wie in den USA wird auch Deutschland von wenigen großen Brauereien dominiert. Es tut sich aber etwas. Immer mehr kleinere, mittlere, aber auch größere Brauereien bieten mittlerweile Gourmet-Biere an. Das macht das Bier als Lebensmittel insgesamt wieder interessanter.

 

In Deutschland wird immer weniger Bier getrunken. Glauben Sie, dass diese Entwicklung anhält?

Müller: Der Pro-Kopf-Verbrauch wird in Deutschland wohl auch in Zukunft eher sinken. Das hängt vorrangig mit der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft zusammen: Ein 80-Jähriger trinkt einfach weniger als ein 25-Jähriger. In Bayern allerdings liegen wir noch deutlich über dem Bundesschnitt.

 

Sie haben im Ausland viele Eindrücke auch bezüglich der Braukunst gesammelt. Was ist Ihnen aufgefallen?

Müller: Die Begeisterung der Leute für Bier ist faszinierend. Ich war im Frühjahr bei einer Messe in Washington. Dort wird viel nach verschiedenen Geschmacksrichtung und Inhaltsstoffen, insbesondere Hopfen, gefragt. Die Amerikaner interessieren sich für jedes Detail. Deutsches Bier wird nach wie vor sehr geschätzt, wenngleich uns die USA in Sachen Biervielfalt längst den Rang abgelaufen haben. Die US-Brauer gehen viel weniger verkrampft an das Thema heran. Das zeigen schon die zum Teil ausgeflippten Namensgebungen für Brauereien und Biere, wie beispielsweise „Flying Dog“ (Fliegender Hund) oder „Hop Devil“ (Hopfenteufel). In Amerika ist es normal, dass sich die Leute in einer Brauerei aufhalten. Dort gibt es dann eine Bar mit Theke, wo viele gemütlich zusammensitzen und Biere verkosten. Jedes bessere Gasthaus hat dort eine Bierkarte. Und die Braumeister sind in den USA wie Popstars, die auch regelmäßig in der Öffentlichkeit auftreten. Da können wir uns sicherlich auch etwas abschauen.

 

Welche Ideen haben Sie für die nahe Zukunft?

Müller: Wir wollen unser Sortiment im Heimatmarkt noch stärker in den Vordergrund rücken. Und wir wollen uns weiter im Export orientieren.

 

Welche Biere fehlen noch im Sortiment?

Müller: Wir haben schon ein sehr breites Sortiment, das für jeden Bierliebhaber etwas bereit hält. Einen Weizenbock zu brauen ist sicherlich reizvoll und könnte ein Thema werden. Genauso eben auch das erwähnte Stout, das man – wie ein IPA – als Brauerei mal gemacht haben sollte. Das sind Optionen, die dann saisonbedingt angeboten werden könnten.