Eichstätt
Sorbus eystettensis – neue Art entdeckt

06.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:58 Uhr

Zwischen Obereichstätt, Eichstätt Bahnhof und Landershofen wachsen Bäume, die sich darin von Mehlbeeren der angrenzenden Gebiete unterscheiden.

Eichstätt (EK) Im Bereich der Kunst und Kunstgeschichte, der Steine und der Fossilien ist Eichstätt weithin nicht nur dem Fachpublikum bekannt. Der Hortus Eystettensis trägt seit 1613 den Namen Eichstätts in die Welt hinaus und trifft auch heute auf Interesse.

Nur einem engen Kreis von Spezialisten ist bislang bekannt, dass es eine Baumart gibt, die eng umgrenzt um Eichstätt herum wächst und deshalb mit Recht den Namen Sorbus eystettensis von ihren Entdeckern bekommen hat. Im Deutschen kann der kleine Baum als Eichstätter Mehlbeere bezeichnet werden.

2005 kam im Verlag der Bayerischen Botanischen Gesellschaft ein Buch über den Verwandtschaftskreis der Mehlbeere heraus, zum dem unter anderem die Elsbeere, die Vogelbeere und der Speierling gehört. Ein Team von drei Botanikern dokumentierte die Ergebnisse langjähriger Forschungsarbeit. Norbert Meyer hat dort die Erstbeschreibung der Eichstätter Mehlbeere vorgelegt, die nach bestimmten Regeln zu erfolgen hat. Dazu gehört, dass eine konkrete Pflanze als so genannter Holotypus ausgewählt wird und von dieser ein Herbarbeleg in einer Sammlung als Beleg hinterlegt wird, der in diesem Fall in der Botanische Staatssammlung in München aufbewahrt wird und der Wissenschaft als Bezugspunkt zur Verfügung steht. Auf dem Etikett ist der Fundort angegeben: Frauenberg oberhalb Eichstätt, Abhang unterhalb der Kapelle

An diesen Platz führte Herbert Schuwerk aus Pappenheim die Teilnehmer einer Exkursion des Bund Naturschutz. Schuwerk ist einer der Autoren des Buches über die Verwandtschaft der Mehlbeeren und hat für seine Flora des Naturparks Altmühltal die ersten Beobachtungen und Belege gesammelt, die zur Beschreibung der neuen Art geführt haben. Er zeigte am "Originalbaum" die Zähnung des Blattrandes, die charakteristische Form des Blattes und die Art der Befilzung bei der Eichstätter Mehlbeere. Durch eine intensive Suche nach Mehlbeeren und den Vergleich der Blätter hat sich herausgestellt, dass zwischen Obereichstätt, Eichstätt Bahnhof und Landershofen Bäume wachsen, die in der Form der Blätter und der Früchte übereinstimmen und sich darin von Mehlbeeren der angrenzenden Gebiete unterscheiden.

Viele Fragen drehten sich um die Mechanismen, durch die bei der Mehlbeere und ihren Verwandten neue Arten entstehen können. Eine entscheidende Rolle spielt eine besondere Form der ungeschlechtlichen Vermehrung. Die Bäume bilden Früchte und vermehren sich über diese, aber die Früchte entwickeln sich ohne Bestäubung. Dadurch entfällt die Vermischung des Erbguts und es erhält sich eine bestimmte Zusammensetzung der Gene, die sich vom Erbgut der anderen Mehlbeeren unterscheidet, und deshalb die Definition einer neuen Art rechtfertigt, die in der klassischen Botanik über äußere Merkmale an den Blätter, an den Blüten oder den Früchten erfolgt.

Nach den Worten von Herbert Schuwerk ist die Beschreibung der Mehlbeerenverwandtschaft im Südlichen Frankenjura noch nicht vollständig. Er rechnet auf Grund der bisherigen Untersuchungen damit, dass mit fortschreitender Genauigkeit der Bearbeitung noch neue Arten zwischen Treuchtlingen und Eichstätt beschrieben werden können.

Damit ist allerdings nicht mehr im Jahr der Biodiversität 2010 zu rechnen, unterstreicht aber die hohe Artenvielfalt in der Eichstätter Gegend, die sich auch an anderen Gruppen von Lebewesen festmachen lässt.

Besonders fasziniert hat die Exkursionsteilnehmer, dass man am Beispiel der Eichstätter Mehlbeere die Entstehung von Artenvielfalt studieren kann, also der Steigerung der Biodiversität, was manchen Naturschützer etwas tröstet, der sich sonst oft mit der Gefährdung von Lebewesen und den Roten Listen auseinander setzen muss.