Berlin
Sonderermittler könnte die BND-Affäre entschärfen

Koalition sucht nach einem Weg, den Streit um die Suchlisten des US-Geheimdiensts NSA beizulegen

20.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Berlin (DK) Gibt es inzwischen eine Festlegung? Möglicherweise soll ein Sonderermittler des Bundestags Licht ins Dunkel der BND-Affäre bringen und Einsicht in die Liste mit den Suchbegriffen der Amerikaner erhalten.

Im politischen Berlin wächst die Spannung, doch Angela Merkel lässt ihren Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. „Es gibt keinen neuen Sachstand“, verweist Seibert auf das noch laufende Konsultationsverfahren mit der amerikanischen Regierung. Nach Abschluss der Gespräche mit der US-Seite werde die Bundesregierung über die Offenlegung der US-Suchbegriffe entscheiden.

Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Schon machen erste Namen die Runde, wer als möglicher Sonderermittler des Parlaments in Frage käme. In Koalitionskreisen heißt es, ein Anwärter sei Bertold Huber, früher Richter am Verwaltungsgericht in Frankfurt und aktuell Vize-Chef der G10-Kommission des Bundestages, die Abhörmaßnahmen deutscher Nachrichtendienste kontrolliert.

Prinzipiell kommen drei Optionen infrage, um den schwelenden Koalitionsstreit zu entschärfen. Variante 1: Die Amerikaner sagen Nein zur Freigabe der Unterlagen, und die Bundesregierung käme diesem Wunsch nach. Mit einer solchen Entscheidung würden die Kanzlerin und die Union erheblichen Streit mit ihrem Koalitionspartner SPD riskieren. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte bereits vor Unterwürfigkeit gegenüber den Amerikanern gewarnt.

Variante 2: Das „Treptower Verfahren“ käme zum Einsatz. Demnach könnte einzelnen Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums oder des NSA-Untersuchungsausschusses unter strengen Geheimhaltungsvorschriften Einsicht in die einschlägigen Unterlagen gewährt werden. Die Opposition fordert, dass dieser Weg gegangen wird.

Variante 3: Ein vom Parlament bestellter Sonderermittler darf die Akten studieren, wäre ebenfalls an Geheimhaltungsvorschriften gebunden, könnte aber in allgemeiner Form auch eine öffentliche Bewertung des Sachverhalts vornehmen. Die Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten ist in Paragraf 16 des Untersuchungsausschussgesetzes ausdrücklich vorgesehen. Für die SPD wäre auch diese Option „ein gangbarer Weg“. Doch die Opposition lehnt ein solches Vorgehen strikt ab, warnt vor einer Entmachtung des Parlaments und wirft der Regierung Verzögerungstaktik vor. „Das zeigt, dass die Aufklärung, die Angela Merkel versprochen hat, ein Medien-Gag war.“ Auch die Linksfraktion stellt sich gegen die Einsetzung eines Sonderermittlers. „Das geht auf gar keinen Fall“, so Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. „Das Ganze ist inzwischen wirklich zu einem Staatsskandal geworden.“

In der Union hält man nichts von einer weitgehenden Freigabe der Akten und hat auch Vorbehalte gegenüber dem „Treptower Verfahren“. Geheimes müsse auch geheim bleiben, heißt es.