Neuburg
Sonderbeifall für eine gereifte "Klangfabrik"

Die Neuburger Stadtkapelle begeistert mit ihrem Frühjahrskonzert - Nachdenklich und spannend

14.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:12 Uhr
Große sinfonische Blasmusik bot die Neuburger Stadtkapelle mit ihren verschiedenen Formationen bei ihrem bestens besuchten Frühjahrskonzert in der Parkhalle. −Foto: Heumann.

Neuburg (lm) Oberbürgermeister Bernhard Gmehling hatte sein dickes Lob auf die Dirigenten-Brüder Haningerergangene Woche schon vorweggenommen.

Als Kapellmeister feierten Alexander und Markus Haninger zusammen das halbe Jahrhundert in Diensten von Neuburgs Stadtkapelle. Knapp 500 Händepaare bekräftigten in wahren Ovationen am Samstag , dass hier wirklich etwas nicht Selbstverständliches herangereift ist.

Das Frühjahrskonzert der Stadtkapelle(n) in der bestens besuchten Parkhalle bestätigte eindrucksvoll die Ausnahmestellung dieser Klangfabrik, die aus dem Vollen schöpfen, besetzungstechnisch allmählich so sämtliche Raffinessen bedienen kann und dennoch sehr genau auch ihr rechtes Maß kennt.

Auch dies gehört zu der exorbitanten Leistung der beiden Leiter, immer wieder neue Reserven zu aktivieren und dabei verantwortungsvoll auch die Grenzen zu ziehen. All das auf einem grundsoliden Fundament, ohne billiges Blendwerk und mit ganz wenig Elektronik dahinter. Echt gemacht eben. Und echt gut gemacht.

"Break of the Code" - so fängt der Abend an. Und schon der Nachwuchs der Stadtkapelle hat diesen Code, wie man gute Musik macht, längst geknackt. Und geht es stimmungsmalend dann auch in die Kalahari, schickt Markus Haninger seine Jungmusiker gewiss nicht in die Wüste. Solche Momente wie das Jungendblasorchester mit "Moment for Morricone" könnten man glatt den ganzen Abend haben. Und recht filmisch ist der Abend denn auch gestaltet. Großes Kino zieht bei den Klängen vom König der Löwen vor dem imaginären Auge vorbei. Und schon dieses Mittelstufen-Ensemble besticht durch seine Klangfarben-Kultur, die durch die personelle wie auch spielerische Stärke der einzelnen Instrumentengruppen glänzend auch gelingt. Mit Steven Reineke, wohl einem Lieblingskomponisten der Stadtkapellen-Leiter, und dessen "The Witch and the Saint" kommen auch dunklere Färbungen ins Spiel, Hörner beschwören düstere Ahnungen hervor, im folgenden stand Carl Orff Pate. In Star Wars-Manier startet Luigi di Ghisallo sein Weltraum-"Futuro"-Unterfangen, um dann Polarlicht-Stimmungen zu zaubern, bis schließlich auch die Menschen Lust auf Feiern und Tanzen bekommen zu haben scheinen.

Es gibt sie doch noch, die gute alte Marschmusik, wenigstens eine Nummer lang an diesem langen Abend, die Stadtkapelle dann mit Julius Fuciks wohltuend unmilitärischem "Florentiner Marsch". Ganz klar aber: Die erreichte Klangkultur und all die Stimmungsmalerei, zu der die Stadtkapelle wirklich spielend fähig ist, fordert halt auch ein etwas anderes Repertoire heraus. Spätestens Reinekes Pilatus-Saga um den letztlich doch recht gutmütigen Drachen ist große sinfonische Blasmusik. Landschaftsmalerei und spannungsgeladene Action verweben sich zu einem Minidrama, nachdenklich auch in manchen Momenten, auftrumpfend dann, versöhnlich im Finale.

"The Sound of Silence" gewinnt noch einmal zusätzliches Kolorit, stößt jetzt auch noch der Chor Leuchtfeuer hinzu. Ein nostalgisch junges Abba-Revival zündet dann endgültig das große, auch die Zuhörer erfassende Leuchtfeuer. Und keine zwölf Stunden später war die Stadtkapelle schon wieder in völlig anderer Mission unterwegs, bei der Palmprozession im Ostend.