Eichstätt
Solidarität mit der Weltbrücke

Angesichts der Schließung wird ein Online-Bestellservice zugunsten des örtlichen Weltladens angeboten

31.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:38 Uhr
Die Produkte, die in der Weltbrücke verkauft werden, können im Internet erworben werden - mit der Bestellung unterstützt man nicht nur Kleinbauern und Handwerker, sondern auch den Laden in Eichstätt selbst. −Foto: Kusche, Dagmar, Kusche, Dagmar, Eichstätt

Eichstätt - Die Schokocreme zum Frühstück oder der Fairtrade-Kaffee am Nachmittag - darauf möchten viele Eichstätter Weltbrücke-Kunden nicht verzichten.

 

Da der Vorstand des Weltbrücke-Vereins sich auf Grund der aktuellen Entwicklungen in der Corona-Krise ab Montag, 23. März, zur Schließung seines Ladengeschäfts entschieden hat, tätigten viele Kunden kurz vorher noch einmal einen Großeinkauf von Fairtrade-Produkten jeder Art. Doch einige große Fairtrade-Importgesellschaften haben schnell auf die auch für den globalen Süden bedrohliche Krisensituation reagiert: In einer Solidaritätsaktion bieten sie ab sofort unkomplizierte Lieferungen ihrer fairen Produkte an, die auch dem Eichstätter Weltladen zugute kommen.

WELTBRÜCKE IN EICHSTÄTTDie amtlichen Empfehlungen sind ebenso wie deren Konsequenzen eindeutig: "Aus Rücksicht auf unsere überwiegend älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch zum Schutz unserer Kundinnen und Kunden mussten wir unseren Laden schließen", sagen die drei Vorstandsmitglieder Angelika Burghardt, Marie Döpke und Dagmar Kusche, die den Ladenbetrieb zunächst zumindest noch halbtags zu dritt aufrechterhalten hatten. Zwar dürfte der Weltladen gemäß der Bestimmungen des Ordnungsamts aufgrund seines Lebensmittelangebots weiter offen bleiben, doch die Vorstandsmitglieder stellen Gesundheit und Schutz von Mitarbeitern und Kunden über die Verkaufstätigkeit. Dass die Schließung mit großen finanziellen Einbußen verbunden sein wird, steht für den Vorstand außer Frage: "Die Corona-Krise wird uns große Einnahmeverluste bringen, vor allem, weil in der Vorosterzeit immer zahlreiche Kommissionsverkäufe in Kirchengemeinden oder auf Ostermärkten getätigt wurden", betont Burghardt. Doch zusammen mit ihren Kolleginnen ist sie realistisch: "Zum einen schaffen wir den Ladenbetrieb nicht mit einer so dünnen Personaldecke, zum anderen müssen wir einfach konsequent sein und uns nach den allgemeinen Empfehlungen richten", so der Vorstand unisono.

Bei allem Hin und Her erreichte das Vorstandsteam die Nachricht über die große Solidaritätsaktion namhafter Fairhandels-Importgesellschaften in Zeiten von Corona: Zahlreiche Fairtrade-Lieferanten, so zum Beispiel "Weltpartner", "Globo" und "El Puente", bieten für alle Kunden, die ab sofort auf "ihren" Weltladen verzichten müssen, einen Lieferservice und zahlen entsprechende Provision an die Eichstätter Weltbrücke: "Das ist ein sehr beruhigendes Angebot sowohl für uns als Weltladen als auch für all unsere Kunden, die sich nun ihre fairen Lieblingsprodukte einfach nach Hause liefern lassen können", freuen sich die drei Vorsitzenden, die die Aktionsplakate der Handelspartner bereits in den Schaufenstern des Ladens angebracht haben.

"Gemeinsam durch die Krise", so betitelt zum Beispiel die Fairtrade-Importgesellschaft "Weltpartner" ihre Aktion "Solidarität 2020". Aufgrund der aktuellen Corona-Lage blieben viele Weltläden leider momentan geschlossen. Die Corona-Krise sorge bereits jetzt für dramatische Umsatzeinbußen bei den Fairtrade-Partnern - unzähligen Kleinbauernfamilien und Kleinstproduzierenden - in den Ländern des globalen Südens, so die Gesellschaft. Daher ruft Weltpartner zur Unterstützung dieser durch die Kunden auf.

"Beim Einkauf über den Link, der auf dem Plakat in unserem Geschäft genannt ist, erhält der Weltladen eine für uns sehr wichtige Provision", betonen Burghardt, Döpke und Kusche. Damit, so hoffen die Vorsitzenden, verringern sich die Einbußen des Weltladens in diesen Wochen ein wenig. Wichtig sei bei jedem Online-Einkauf, in der Kommentarspalte anzugeben, welchen Weltladen der Kunde unterstütze. Dann gebe die Importgesellschaft der Weltbrücke seine gewohnte Gewinnspanne - so, als ob die Produkte direkt aus dem Regal im Weltladen genommen würden, erläutern die Vorsitzenden. DER GLOBALE SÜDENDass die Fairtrade-Importgesellschaften zur schnellen Solidarität sowohl mit den örtlichen Weltläden als auch mit den vielen Bauernfamilien und Arbeitern im globalen Süden aufrufen, die vom fairen Handel profitieren, hat einen dramatischen Hintergrund. Denn bei den Vorstandsmitgliedern der Weltbrücke Eichstätt treffen derzeit täglich viele, zum Teil verzweifelte, Berichte der Handelspartner der großen Fairtrade-Importgesellschaften aus Asien, Afrika und Lateinamerika ein. So sind viele der Werkstätten, in denen Produkte unter Fairtrade-Bedingungen hergestellt werden, bereits geschlossen oder fertige Ware ist nicht mehr ausgeliefert worden, beispielsweise beim Craft Ressource Centre von "Weltpartner" in Indien. Dort haben die Werkstätten zur Minimierung des Ansteckungsrisikos ihren Betrieb bereits eingestellt. Zwar gebe es in Kalkutta noch keine bestätigten Corona-Fälle, aber dies könne sich jederzeit ändern. Die Kunsthandwerker könnten nicht von zu Hause arbeiten; viele von ihnen würden auf Stücklohnbasis bezahlt. Nun müsse ein Vorschuss bar ausgezahlt werden, damit zumindest ihre Grundversorgung gesichert sei, so der Leiter des indischen Kunsthandwerkzentrums.

Auch die bekannten Fairlederproduzenten Artisan Well und Feather Touch schauen mit großer Sorge auf die europäischen Absatzmärkte, noch setzen sie ihre Arbeit mit Mundschutz als Präventivmaßnahme fort. Doch in vielen Teilen Indiens, etwa in Delhi, sowie in Kathmandu, Nepal, seien die meisten Werkstätten bereits geschlossen. Beim Handelspartner Holyland in Palästina indes seien die in Deutschland ausverkauften Seifenschalen zwar fertiggestellt, könnten aber mangels Schiffstransporten nicht das Land verlassen. Durch deutlich weniger Verkäufe der fair gehandelten Produkte in Europa fehle den Produzenten ihr existenzielles Einkommen.

Auch die Fairhandels-Importgesellschaft Contigo blickt mit großer Sorge nach Übersee. Der Partner Papital arbeite in Teheran, im Mittelpunkt der Infektionen. Der Betrieb sei nun geschlossen, eine letzte Lieferung an Contigo habe es gerade noch durch den Zoll geschafft. In nächster Zeit gebe es keinerlei Arbeit für die Handwerkerinnen und Handwerker.

Nicht anders ist die Lage in Peru, wo eine Quarantäne verhängt wurde und die Werkstätten des Fairtrade-Partners ebenso geschlossen werden musste. Auch in Guatemala sei das Virus angekommen, die Auswirkungen werden mit Blick auf das schwache Gesundheitssystem, den Mangel an sanitären Einrichtungen und vor allem die Armut gravierend sein, so berichtet die Fairhandelsgesellschaft El Puente.

Bei den Partnerorganisationen in den Anbauländern in Afrika, Lateinamerika und Asien komme derzeit eine doppelte Sorge auf, so fasst es Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender der unabhängigen Fairhandelsinitiative Transfair e. V. , in seiner Erklärung vom 17. März zusammen: Einerseits bestehe bereits jetzt die begründete Angst, dass Absatzmärkte einbrechen und damit die Einkommensgrundlage und Existenz von 1,7 Millionen Menschen, die im Fairtrade-System angeschlossen sind, gefährdet sei. Fairtrade rufe deshalb dazu auf, auch in Zeiten der Krise faire Produkte zu konsumieren.

Auch wenn die Fallzahlen von Covid-19 in vielen Ländern des globalen Südens bislang noch relativ gering erschienen, bestehe die große und berechtigte Sorge, dass die Gesundheitssysteme dort einer solchen Pandemie nicht gewachsen sind, so Overath.

ddk