Schrobenhausen
Sogar der Papst spielte eine Rolle

Wie vor gut 40 Jahren rund um den Kunstverein eine beeindruckende Szene in Schrobenhausen entstand (2/3)

20.06.2021 | Stand 24.06.2021, 3:34 Uhr
"Der Tag, an dem der Papst entführt wurde" - ein Mammutprojekt jener Zeit des Aufbruchs unter der Leitung von Franz-Josef Mayer inklusive Spreng- und Knalleffekten. Im Bild (v.l.) Eleonore Daniel, Hermann Zimmermann, Theo Rosendorfer als Papst, Kurt Schwarzbauer und Martha Pelikan. Politik spielte hinter den Kulissen und auch auf der Bühne - wie hier bei den Spargelspitzen mit Freddy Vogt, Peter Pfitzner und Josef Höllbauer (unten) - immer wieder eine Rolle. Die Schöpf-Terrasse wurde damals zum heimlichen Treffpunkt der Szene, manchmal sogar samt Big-Band-Jazz von Fips Neumann (stehend am Saxofon) aus Aichach. −Foto: Archiv Mayer

Schrobenhausen - Es sind schwierige Zeiten für das kulturelle Leben in Schrobenhausen, nicht nur wegen der Pandemie.

Es gab schon einmal eine solche, schwierige Zeit. Vor gut 40 Jahren entstand im und um den Kunstverein herum viel Bewegung. Erinnerungen an eine Zeit des Aufbruchs.

Politik als Triebfeder

Kunst und Kultur sind traditionell eine sehr öffentliche Angelegenheit. Gerade bei den ersten Aktionen des Kunstvereins Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre war unterschwellig immer ein bisschen Parteipolitik im Spiel. Die 68er-Zeiten wirkten nach, und aus dieser Ecke, aus einem zeitweise aktiven Kreis von Jungsozialisten, kam viel Begeisterung für ein lebhaftes Kulturleben.

Wer aber an dieser Stelle SPD sagt, muss auch CSU sagen. Nach der Kommunalwahl 1972 hatte in Schrobenhausen die CSU-Fraktion mit Kulturreferent Hanns Schultes die Gründung einer Musikschule durchgesetzt, eine große kulturelle Leistung der Stadt. Auch der Verkehrsverein wurde ein paar Jahre später unter dieser Fahne gegründet.

Nun sah sich die mehr von links getragene Kulturszene nach der Kommunalwahl von 1978 einer CSU-Macht und gar Übermacht im Stadtrat gegenüber. Kulturreferentin wurde Marlies Bauer. Aber ihr machte es sichtlich Spaß, Liberalität zu leben und den leicht revolutionär angehauchten Kulturmachern die Stange zu halten. Wer was unternehmen wollte und mittendrin Probleme hatte - nach einem Gespräch bei Marlies Bauer gings wieder weiter.

"Da gehen wir zur Marlies! " wurde fast zum stehenden Ausdruck, auch vom Linksintellektuellen Jörg Scherkamp ist er überliefert. Der Augsburger Grafiker Scherkamp kam durch Irmgard Richter, Ehefrau des 1975 verstorbenen Künstler Norbert Richter-Scrobinhusen, in die lokale Szene. Er war voller Ideen und Initiativen und brachte auch einiges aus der Ferne mit. Er hatte in den 68er Zeiten Kontakt mit kritischen Geistern gepflegt, seine Bekanntschaften führten bis ins Umfeld von Ulrike Meinhof. Er ging dem Kunstverein Schrobenhausen schon bald verloren, starb überraschend im Frühjahr 1983 im Alter von nur 47 Jahren.

Neben Irmgard Richter und deren Kindern Yvonne und Nik standen damals vor allem Viktor Scheck und Sig Fabig für die bildenden Künstler. Mit Hilfe von Kulturreferentin Marlies Bauer erreichte der Schrobenhausener Kunstverein schon bald das Ziel, einen städtischen Kulturförderpreis zu etablieren. Erster Preisträger war Hartwig Pobitschka, der als Kirchenmusiker von St. Jakob in der Verbindung mit dem Liederkranz Neuburg viele Jahre im Herbst große Konzerte veranstaltete. Alles damals passiert, in wenigen Jahren?

Die ersten Kulturwochen

Große Ausstrahlung im Kulturleben bedeuteten die mehrfach veranstalteten "Kulturwochen im Herbst", in denen der Kunstverein weniger sich selbst inszenierte, als vielmehr den Katalysator spielte und alles, was in der Stadt und um sie herum kreativ tätig war, zu einem großen Gemeinschaftsunternehmen zusammenführte. Blättert man in den einstigen Programmheften, so finden sich klassische Konzerte wie etwa das Zusammenspiel zweier Flügel; es spielte Carola, die sich später Colani nannte, mit ihrem Lehrer Ernst Gröschel. Der Theaterverein brachte einen Valentin-Abend, Konrad Leufer zeigte sich mit der SOB-Filmgruppe und lud auch befreundete Filmgruppen ein.

Ein "freier Theaterspielkreis im Kunstverein" präsentierte das Stück "Der Tag, an dem der Papst entführt wurde". Mit dabei viele Namen, die man heute noch gut kennt, darunter die spätere Berufsschauspielerin Eleonore "Lollo" Daniel, Schrobenhausens Barde Kurt Schwarzbauer sowie Theo Rosendorfer, Bruder des bekannten Schriftstellers und selbst einstiger Franz-von-Lenbach-Darsteller in einem Filmporträt der SOB-Filmgruppe über den Malerfürsten.

Ausstellungen mit Malerei und Grafik waren über die Wochen hin zu sehen. Dabei blickte der Kunstverein durchaus über die Grenzen; auch externe Künstler und Musiker waren eingeladen, den Kern bildeten die Schrobenhausener Eigengewächse.

Die Schöpf-Terrasse

Kein kleines Unternehmen für den Kunstverein war die Teilnahme am Schrannenfest, ebenfalls ein Ergebnis der Aufbruchsstimmung jener Zeit. Auf der legendären Schöpf-Terrasse, die es längst so nicht mehr gibt, wurde die Szene aufgebaut: Biertische, ein Grill, Bierausschank, Rotwein? Dazu der musikalische Frühschoppen mit der Bigband von Manfred "Fips" Neumann. Alles aus Spaß an der Freud?

Aber die großen Aktionen, die Kulturwochen, haben auch Kraft gekostet, sie sind Geschichte. Und eine ganze Reihe der Protagonisten, die als Studenten gut Zeit hatten, stand bald im Berufsleben.

Fortsetzung folgt