Nürnberg
Software gedeiht im Landhotel

Mitten im Knoblauchsland entwickelt eine Hotelier-Familie ein Computerprogramm

03.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:21 Uhr
Vom Landhotel zur Software-Schmiede: Die Familie Kobjoll-Setzer mit Max, Marcel, Nicole und Renate (v.l.) begutachten die mittlerweile in 120 Ländern erfolgreiche Mitarbeiter-App. −Foto: Krappe/Valido

Nürnberg - Vom Landhotel zur Software-Schmiede: Ein Nürnberger Familienunternehmen mischt mit einer App den umkämpften Computermarkt auf. Laufen gelernt haben die fränkischen "Collaboration Tools" im normalerweise für gutes Essen bekannten "Schindlerhof" im Knoblauchsland vor den Toren der Frankenmetropole.

Nicht nur dass "Silicon Valley" schreibt verrückte Erfolgsgeschichten. Auch der Gemüsegürtel direkt vor den Nürnberger Stadttoren kann moderne Technik-Märchen erzählen. Zwischen großen Bratpfannen, edlen Gästebetten und der historischen Hofeinfahrt bastelt Klaus Kobjoll seit 2002 an seiner modernen Mitarbeiter-Plattform und entwickelt sie mit Hilfe der 70 Mitarbeiter langsam aber sicher weiter.

Schritt für Schritt machte der heute über 70-jährige Gastronomie-Tausendsassa aus seinem Gasthaus im Knoblauchsland gemeinsam mit Tochter Nicole Kobjoll-Setzer und Schwiegersohn Marcel Setzer einen echten "Think Tank", der es offensichtlich mit den dicksten Fischen der Branche aufnehmen kann. Motto: Old fashioned und innovativ zugleich. Und dabei nicht nur "unvergleichlich herzlich" sondern vor allem auch stolz auf die eigene Unabhängigkeit. Oder wie es fränkisch-selbstbewusst auf der Hompepage des wachsenden Familienimperiums heißt: "Family owned and proudly Independent!"

Begonnen hat die fränkische Hollywood-Saga im Jahr 1984. Damals haben sich Renate und Klaus Kobjoll entschlossen, einen verfallenen Bauernhof in ein schickes Hoteldorf umzuwandeln. "Es war und ist unsere Lebensaufgabe", sagt das Paar noch heute. Sechs Baustufen und drei Jahrzehnte habe es gebraucht, um aus dem über 300 Jahre alten Bauernhof in Boxdorf, mitten im Gemüseparadies zwischen Erlangen und Nürnberg, eine ultramoderne Luxusherberge mit einem halben Dutzend Restaurant- und Banketträumen, plus großem Wirtsgarten auf über einem Hektar Grund, inklusive harmonisch angelegtem japanischen Garten mit handzahmen Kois im hoteleigenen Fischteich, anzulegen.

Um guten Nachwuchs für das fränkische Hotelparadies zu ködern, ist Klaus Kobjoll früh auf den Trichter mit der ganzheitlichen Mitarbeiter-Kommunikation gekommen. Dafür hat der gebürtige Bamberger, der nach Hotelfachschulen am Tegernsee und in Strasburg mit 22 Jahren und 5000 Mark in der Tasche in Erlangen die "Crêperie Rennaise" eröffnet hat, um wie er sagt "endlich? Unternehmer zu werden, schon zahlreiche Auszeichnungen erhalten.

Den renommierten Ludwig-Erhard-Preis hat der visionäre Hotelier sage und schreibe gleich viermal bekommen. Auch für die frühzeitige Regelung der Firmennachfolge an Tochter Nicole hat Kobjoll einen Preis bekommen. Gut denkbar, dass er bald noch einen Award in Händen halten darf, weil er die Unternehmensführung der Software-Schmiede wohl klugerweise in die Hände des promovierten Schwiegersohns gelegt hat.

Marcel Setzer hat die Mitarbeiter-App aus dem fränkischen Hoteldorf in die große weite Welt geführt. "Heute vertrauen über 650 Unternehmen in 120 Ländern auf unsere Valido-App", sagt Setzer und freut sich, dass sich die fränkische Software-Firma damit im Wettbewerb mit großen US-Anbietern behaupten könne. Sogar deutsche Banken würdenauf die App mit den vielfältigen Funktionen vertrauen.

"Damit eine Software von Banken genutzt werden darf, gelten ganz besondere Sicherheitsrichtlinien", sagt der Valido-Geschäftsführer stolz und erklärt, dass Geldhäuser jede Software vor dem Einsatz mit Hilfe von Hackern auf Herz und Nieren aus Angst vor Sicherheitslücken prüfen lassen würden. Im Wettbewerb mit den amerikanischen Platzhirschen werde die fränkische Heimat obendrein zum Pluspunkt, weil die Daten weder nach China geschickt noch in den USA gespeichert werden müssten. Immer mehr Kunden würden die fränkischen Erfolgsfaktoren der Mitarbeiter-App wie sichere Videokonferenzen schätzen und diese beispielsweise für sensible Beratungen und heikle Meetings nutzen.

Das Erfolgsmärchen scheint jedenfalls weiterzugehen. Die dritte Generation ist bereits elf Jahre alt und hält mit dem cleveren Max schon drei Prozent der Familienanteile in den kleinen Händen.

HK

Nikolas Pelke