München
Söder und Aiwanger machen Tempo

Verhandlungen zwischen CSU und Freien Wählern kommen voran - "Familienkoalition" angekündigt

23.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:23 Uhr
Guter Dinge zeigten sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und FW-Chef Hubert Aiwanger (rechts) bei ihrer Pressekonferenz zur Zwischenbilanz der Koalitionsverhandlungen. −Foto: Balk/dpa

München (DK/dpa) Die angehende Koalition von CSU und Freien Wählern (FW) will Familien in Bayern massiv unterstützen, aber nicht auf Pump. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte gestern eine "Familienkoalition" an, die ein klares Signal für Familien und die Betreuung von Kindern setzen wolle. FW-Chef Hubert Aiwanger versprach: "Es wird das Thema Familie ganz groß rauskommen."

In der politischen Farbenlehre wäre eine Koalition aus der (schwarzen) CSU und den (orangen) Freien Wählern (FW) mit einer Papaya-Frucht zu vergleichen - und diese Papaya wächst offenbar. Als Söder und Aiwanger gestern Mittag vor die Presse treten, um über den Fortgang der Koalitionsverhandlungen zu berichten, machen beide einen hinreichend entspannten wie freundlichen Eindruck.

Man sei "gut vorangekommen", das ganze gehe "auch sehr schnell" und sei "seriös", befindet Söder. Es sei zwar "nicht so, dass wir uns in den Armen liegen", aber über grundsätzliche Dinge wie Stabilität, ausgeglichenen Haushalt und Schuldentilgung habe man schnell Einigkeit erzielt. Seitens der CSU jedenfalls habe man es "nicht bereut", sich für die Freien Wähler entschieden zu haben, so Söder.

Als Grund für das zügige Vorankommen nennt Aiwanger, dass zwischen CSU und Freien Wählern keine ideologischen Grundsatzdebatten geführt werden brauchten, schließlich seien beide bodenständige, bayerische und bürgerliche Parteien. Deshalb sei man "schnell bei den Sachfragen angekommen", so Aiwanger. Und Söder betont, dass - anders als in Berlin, wo Dinge, die nicht im Koalitionsvertrag detailliert festgehalten sind, als nicht vereinbart gelten - derlei in Bayern anders laufen werde.

Im Zentrum der Koalitionsverhandlungen stehen die drei großen Themenblöcke Verkehr, Wohnen und Familie, für die es in Stadt und Land unterschiedlicher Antworten bedürfe. Beide, Aiwanger wie Söder, betonen dabei, dass man die Freiheitlichkeit dabei als Ziel habe - am Ende sollen Lösungen gefunden werden, bei denen die Bürger selbst entscheiden können, welche Lösung ihnen lieber ist. Ein deutliches Augenmerk, so kündigte Söder an, werde man auch dem Thema Ökologie widmen. "Dazu braucht es keine andere Partei", sagte Söder.

Auf der Agenda stehen auch das Thema Energiewende, das laut Aiwanger "neu gedacht" wird, und das Thema "Modernität und Technik", laut Söder verbunden mit "Bodenständigkeit". Ob das das Ende seines Weltraumprogrammes ist, blieb unklar. Denn Details nannten Söder und Aiwanger zu keinem einzigen Thema - das eiserne Schweigen der Verhandler, der Verzicht auf Arbeits- und Unterarbeitsgruppen wie einst in Berlin soll zeigen, dass man es auch anders machen könne. Wo also die Kompromisslinie zwischen der von den Freien Wählern geforderten Kostenfreiheit der Kinderbetreuung und dem CSU-Familiengeld liegen soll oder wie es bei der dritten Startbahn weitergeht - frühestens nächste Woche wird es darüber Klarheit geben.

Die Freien Wähler waren mit der Forderung nach kostenfreien Kitas in den Wahlkampf gezogen, jedenfalls für fünf Stunden am Tag. Die CSU will am erst vor der Wahl neu eingeführten Familiengeld für Eltern ein- und zweijähriger Kinder festhalten. Erwartet wird nun, dass sich beide Punkte in einem möglichen Kompromiss wiederfinden werden. CSU und Freie Wähler wollen aber weder neue Schulden machen noch vom Schuldenabbau-Kurs der vergangenen Jahre abrücken. Es bleibe beim ausgeglichenen Haushalt und bei der Schuldentilgung, betonte Söder. Aus den Verhandlerkreisen ist unisono zu hören, eine Einigung bei der Kita-Frage sei deutlich einfacher als bei der FW-Forderung nach einer rückwirkenden Erstattung der zum Jahresanfang bereits abgeschafften Straßenausbaubeiträge. Die CSU lehnt eine Erstattung rückwirkend ab 1. Januar 2014 mit Verweis auf juristische Fragen kategorisch ab.

Dass man die Koalitionsverhandlungen innerhalb der von der bayerischen Verfassung gesetzten Frist abschließen werde, davon zeigten sich beide Seiten überzeugt. Voraussichtlich, so Aiwanger, werde man beim Parteitag der Freien Wähler am kommenden Wochenende in Regensburg einen Vorratsbeschluss erwirken, der den Landesvorstand ermächtigt, den Daumen über den Koalitionsvertrag zu heben oder zu senken - auch wenn man jetzt noch keine Details kenne. Am Ende werde es "ein großer Wurf", so Aiwanger, und zwar für Bayern - schließlich mache man Landespolitik, "nicht Bundes- oder Weltpolitik".

Bei aller Gemeinsamkeit: An einer Stelle sorgt Söder dann doch noch für einen Lacher auf Kosten Aiwangers - als der gefragt wird, was es mit der von ihm erwarteten Ausdehnung der Freien Wähler nach Hessen und in den Bundestag auf sich habe. Dabei macht Söder eine Grimasse, die wohl irgendetwas zwischen "Respekt" und "Hubsi, überhebe dich nicht" bedeuten soll. Aiwanger stört sich aber nicht daran und erklärt, dass die Freien Wähler, wie eine Zwiebel, Schicht für Schicht "Fleisch ansetzen" würden.