Ingolstadt
So lief der Samstag im Impfzentrum Orbansaal

Wir haben Jakob Bücherl aus Mailing begleitet

10.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:21 Uhr
"Fast gar nichts gespürt" hat Jakob Bücherl bei der Impfung durch Natascha Letic im Orbansaal. Der 86-jährige Mailinger ist Risikopatient und möchte sich nicht mit dem Coronavirus infizieren. −Foto: Stephan

Ingolstadt - Nach einem kurzen Stopp gehen seit dem Wochenende in Ingolstadt die Corona-Schutzimpfungen weiter.

 

Im Impfzentrum im Orbansaal erhielten am Samstag etwa 200 Menschen ihre erste Dosis. Eine auffallend freundliche Atmosphäre herrscht im an diesem Samstag sonnendurchfluteten Orbansaal. Firat Avutan, Kreisgeschäftsführer des betreibenden BRK, und seine Mitarbeiter haben für alle Patienten ein offenes Ohr. Ärztliche Leiterin Miriam Steger zeigt einer Frau, wo sie ihr Klemmbrett mit dem Impfbogen abgeben muss, Projektleiterin Karin Märkl weist einem Mann den Weg zum Ausgang. Gar nicht so einfach, das über Pfeile auf dem Boden markierte Einbahnstraßensystem zu verstehen. "Es ist uns sehr wichtig, dass jeder Patient die Zeit bekommt, die er braucht", betont Avutan. Gesagt, getan, versichert er sich bei einer Frau, ob sie auch gut sitzt.

Der ganz große Trubel ist an diesem Nachmittag schon vorbei. "Wir sind 20 Minuten vor unserer Zeit", sagt Avutan mit Blick auf die Uhr etwa zwei Stunden vor Schließung des Impfzentrums. Nur noch vier Patientenbögen warten unten an der Anmeldung neben dem barrierefreien Behandlungszimmer. Mehr geht nicht: "Wir sind noch in der Mangelversorgung. Die Impftermine werden durch die Lieferung des Impfstoffes vorgegeben. " Avutans Mannschaft versucht, diesen "möglichst schnell zu verimpfen, damit wir nicht die ganze Woche ausgelastet sind". Am Sonntag ist also "impffrei".

Das beheizte Zelt vor dem Eingang bleibt leer. Es wurde aufgestellt, nachdem sich an den ersten Impftagen lange Schlangen vor der Tür gebildet hatten und Kritik an organisatorischen Pannen laut wurde. Die sind behoben: Die Patientendaten werden zur Entzerrung jetzt schon bei der Terminabsprache am Telefon erhoben. Kleine Staus bilden sich laut Avutan nur noch, wenn Patienten weit früher als vereinbart kommen. "Wahrscheinlich bauen wir das Zelt wieder ab", meint Avutan. Erfahrungswerte, die erst gesammelt werden müssen.

Die Treppe hoch ist noch mehr los. Fünf Menschen warten im Anamneseraum darauf, aufgerufen zu werden, viele weitere im Impfbereich zwischen den sieben provisorisch mit weißen Wänden hochgezogenen Impfräumen. Das Stuckdekor an der Decke entschädigt die Wartenden. Darunter ist Jakob Bücherl aus Mailing. Das Infomaterial hat er sich mit seiner Tochter schon durchgelesen. Auf einem Bildschirm läuft ein Aufklärungsfilm der Staatsregierung, laut Avutan auch in Gebärdensprache und anderen Sprachen verfügbar. Zwei Frauen desinfizieren regelmäßig Stühle. "Ich will einfach nicht krank werden", sagt Bücherl auf die Frage, warum er sich für die Impfung entschieden hat. Als 86-Jähriger gehört er eben zur Risikogruppe.

Die "Impflinge", sagt Avutan, kommen sowieso mit einer grundpositiven Einstellung. "Den Leuten ist bewusst, dass sie hier geimpft werden", meint er. Auch Bücherl schiebt seinen Rollator freimütig in Zimmer 6. Ein Schild an der Tür wird auf "Patient wartet auf Impfung" eingestellt. Zwei Stühle, ein Tisch und ein Materialschränkchen stehen dort. Der 86-Jährige setzt sich, legt seine Jacke ab und krempelt seinen linken Ärmel hoch. "Ich bin nicht aufgeregt", betont er. Das sei freilich nicht seine erste Impfung. "Ich bin wahrscheinlich nervöser als du", sagt die Tochter und schildert, wie viel größer als bei einem "normalen" Arztbesuch der Aufwand sei. Sie will sich auch bald impfen lassen, "wenn ich an der Reihe bin".

Die Minuten vergehen. Das kommt vor, meint Avutan. Klar würden dann manche ungeduldig, "aber Wartezeiten können wir meist erklären". Ab und an habe ein Patient eben mehr Fragen als ein anderer. Avutan versucht es dann mit viel Humor: Als Bücherl nach der erlaubten Parkdauer auf den neu zur Verfügung gestellten Parkplätzen an der Bergbräustraße fragt, droht er mit dem Abschleppdienst - um gleich zu entwarnen: "Spaß, das ist mit dem Ordnungsamt abgesprochen. "

Als die Ärztin eintritt, nimmt sie sich Zeit für die Anamnese. "Es ist eine gute Entscheidung, dass Sie sich impfen lassen", sagt sie zu Bücherl, ehe sie nach seiner Krankheitsgeschichte fragt. Sie erläutert den Impfprozess, welche Beschwerden auftreten können - und übergibt an BRK-Mitarbeiterin Natascha Letic, die Bücherls Arm reinigt und die Spritze ansetzt. "Das war's schon", ruft sie und weist den 86-Jährigen an, mit einer Kompresse auf die Impfstelle zu drücken. "Fast gar nichts gespürt hab' ich", freut sich dieser.

Am Ende geht es zum Check-out. "Wir wollen die Impflinge noch fünf bis zehn Minuten bei uns behalten und gucken, ob die Leute sich gut fühlen oder Impfreaktionen aufweisen", erklärt Avutan. Seit dem Impfstart gebe es einen dokumentierten Fall, in dem der Patient zu Hause über Unwohlsein klagte. "Dem ging es nach einem Tag wieder gut", versichert Avutan. "Die Impfung wird sehr gut vertragen. "

Von einem Podest aus haben die Mitarbeiterinnen einen guten Überblick über die Geimpften. Sie bearbeiten die Impfbögen und vereinbaren mit den Patienten den zweiten Termin. "Alles Gute, und genießen Sie den Sonnenschein", sagen sie gut gelaunt zur Verabschiedung. Nach insgesamt gut einer Stunde können dem auch Bücherl und seine Tochter folgen.

DK

 

Tanja Stephan