Schafshill/Oulu
Skandinavische Glücksmomente

Julia Fuchs aus Schafshill verbringt für zwei Auslandsemester neun Monate in Finnland

08.10.2021 | Stand 13.10.2021, 3:33 Uhr
  −Foto: Fuchs

Schafshill/Oulu - Mehr Wald und Wasser als überall sonst in Europa, die glücklichsten Menschen der Welt - auch in Pandemie-Zeiten - und die meisten Saunen pro Kopf weltweit: Auf 5,5 Millionen Einwohner kommen über drei Millionen Stück.

Neun Monate, von August 2020 bis Mai 2021, hat Julia Fuchs aus Schafshill in Finnland verbracht. In Oulu, der nördlichsten Großstadt Europas, absolvierte sie ihre beiden Auslandssemester. In unserer Zeitung berichtet sie von den vielfältigen und unvergesslichen Momenten:

Heiß begehrten Studienplatz ergattert

Bei meiner Anreise Mitte August hatten wir noch sommerliche Temperaturen. Mit dem Fahrrad ging es dabei durch märchenhafte Wälder an unberührte Seen, aber auch ans Meer. Die magische Ruhe und die einzigartige Luft wirkten sich positiv aufs Gemüt aus. Nur wenige Monate später konnten wir auf dem Meer kilometerlang Eislaufen gehen, die Fußballplätze wurden geflutet und es entstanden Eishockeyplätze. Die Nordlichter tanzten fast jede Nacht über uns am Nachthimmel. Langlaufen konnten wir direkt vor der Haustür gehen und die Skipisten waren bis spät in die Nacht beleuchtet. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich eine richtige Winterkultur erleben. Der Winter und ich waren zuvor nicht die besten Freunde. Trotzdem war ich überglücklich, als ich einen der heiß begehrten Plätze für den internationalen Doppel-Bachelorabschluss meiner Hochschule in Neu-Ulm erhielt. Die Studiengebühren wurden von meiner Hochschule übernommen und zusätzlich erhielt ich eine Erasmus-Förderung (Förderprogramm der EU), die die Miete und den Lebensmitteleinkauf weitestgehend abdeckten. Meine Vorlesungen fanden auf Englisch statt und ich absolvierte sogar einen Finnisch-Sprachkurs. Jedes finnische Substantiv kann mehr als 200 verschiedene Formen haben - das ist einer der Gründe, warum Finnisch zu den schwierigsten Sprachen der Welt gehört.

Vom finnischen Schulsystem konnte ich in vielerlei Hinsichten profitieren. Das Studium ist sehr praxisorientiert, das heißt, bei jedem Projekt wurde mit einer Firma zusammengearbeitet. Am besten gefallen hat mir dabei das Innovationsprojekt, das zum Ziel hatte, für den Millennium Technology Prize - den größten Technologiepreis weltweit - siegreiche Zukunftsstrategien zu entwickeln. Wussten Sie, dass das Internet von einem Finnen erfunden wurde? Die Finnen scheinen im Übrigen keine so ausgeprägte Diskussionskultur wie wir Deutschen zu haben: Die Lehrer standen als Berater mit ihrem Fachwissen zur Seite und waren mit uns Studierenden auf Augenhöhe. Von Druck war zu keiner Zeit etwas zu spüren.

Faszinierendes Land und Freunde fürs Leben

Nicht nur fachlich war das Auslandssemester für mich ein Gewinn, auch mein soziales Umfeld hat sich um ein riesiges internationales Netzwerk erweitert. In den Gemeinschaftsküchen haben wir jeden Abend internationale Gerichte gezaubert. Zusammen mit den Studierenden aus Österreich und der Schweiz habe ich eine Oktoberfestparty mit einer richtigen Schuhplattler-Einlage und frisch gebackenen Brezen organisiert. Ich habe Freunde fürs Leben gefunden.

In den vorlesungsfreien Zeiten sind wir viel in Finnland gereist. Die Finnen mögen es am liebsten einfach. Sie sind gerne in der Natur. Am liebsten gehen sie in den Wald zum Wandern. Fast überall gibt es Feuerstellen, an denen Brennholz von der Regierung zur Verfügung steht. Dort wird ganz einfach ein Würstchen am selbst zugespitzten Ast gegrillt. Geschlafen werden kann in öffentlichen Hütten, wo es auch nicht selten eine Sauna gibt. Zur Abkühlung geht's ins eiskalte Wasser - und obwohl es sich auf der Haut anfühlt wie tausend Nadelstiche, ist es doch ein beglückendes Gefühl.

Mein Fazit nach neun Monaten im Norden: Finnland hat mich überrascht und fasziniert. Vor allem mit seiner besonderen Landschaft und der magischen Atmosphäre im Winter.

DK