Regensburg
"Skandalöse Öffentlichkeitsarbeit"

Wolbergs-Prozess: Präsident des SSV Jahn Regensburg kritisiert Methoden der Staatsanwaltschaft

09.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:36 Uhr

Regensburg (DK) Im Parteispendenprozess um den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) hat gestern Hans Rothammer vor der Wirtschaftskammer am Regensburger Landgericht ausgesagt.

Der Präsident des Fußballvereins SSV Jahn Regensburg kritisierte heftig die Methoden der Staatsanwaltschaft.

Nach der Aussage des Jahn-Präsidenten könnte es für die Anklage schwieriger werden, den Vorwurf der Vorteilsgewährung und -annahme im Fall der Vergabe des Nibelungen-Areals aufrecht zu halten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Bauträger Volker Tretzel und seinem ehemaligen Geschäftsführer Franz W. Vorteilsgewährung vor. Er soll sich mit seinem millionenschweren Engagement für den SSV Jahn von der Politik günstige Entscheidungen bei der Vergabe von Bauprojekten erhofft haben. Im Gegenzug dazu sollen Wolbergs und der ehemalige SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzende Norbert Hartl, ihm bei der Vergabe der Nibelungenareals den Vorzug gegeben haben.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Auch für Rothammer sind sie nicht nachvollziehbar. "Ich wundere mich, wie eine Kapitalerhöhung für den Jahn eine Vorteilsgewährung an Dritte gewesen sein kann", sagte der Jahn-Präsident vor Gericht. "Die Aktien hatten Tretzel doch weiterhin gehört. " Im sei völlig unklar, wie ein Vermögen, dass die Vermögenssphäre des Zeichners gar nicht verlasse, zu einem Vorteil für Dritte werden könne. "Das sind juristische Fragen, die die Ermittler bereits vor Eröffnung der Hauptverhandlung hätten klären müssen", sagte der Steuerberater.

Im Weiteren griff Rothammer die Staatsanwaltschaft scharf an. Direkt an die beiden Anklagevertreterinnen Christine Ernstberger und Ingrid Wein gerichtet sagte er: "Dass der Jahn im Januar 2017 wieder am Abgrund stand, geht auch auf die Korruptionsvorwürfe zurück und die katastrophale und skandalöse Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft. " Zu dem Zeitpunkt waren der Jahn-Förderer und Bauunternehmer Tretzel und dessen ehemaliger Geschäftsführer verhaftet worden. Sie saßen anschließend mehrere Wochen in Untersuchungshaft. Rothammer sagte, es sei für ihn nur schwer auszuhalten, wie die heute angeklagten Männer im Laufe der Ermittlungen "öffentlich geschreddert" worden seien.

Rothammer bestätigte dem Gericht, dass sowohl Tretzel als auch Hartl und Wolbergs stets nach weiteren Sponsoren gesucht hätten. Rothammer unterstrich die "wichtige Türöffnerfunktion" der Politik für den Profifußball gegenüber möglichen Geldgebern.

Vom suspendierten Oberbürgermeister zeichnete Rothammer auf Nachfrage der Verteidiger ein gänzlich anderes Bild, als der Begriff der "Freunderlwirtschaft" nahelegt. Wolbergs ehemaliger OB-Gegenkandidat Christian Schlegl (CSU) hatte den Verdacht auf "Freunderlwirtschaft" als einen Grund für seinen Rücktritt aus dem Jahn-Aufsichtsrat angegeben. Rothammer spricht vom Gegenteil. Er habe Wolbergs stets als höchst korrekt, empathisch und offen erlebt.

Auf die Frage von Wolbergs' Anwalt Peter Witting: "War er je geneigt, sich den Avancen von dritter Seite geneigt zu zeigen? ", antwortet er mit einem klaren "Nein, ganz sicher nicht! " Auch von Hartl habe es in seiner Gegenwart keinerlei Aussage gegeben, die eine Verflechtung zwischen Tretzels millionenschweren Jahn-Engagement und der Vergabe der Nibelungenkaserne zuließen. Eine solche Verknüpfung habe Schlegl ihm gegenüber auch gar nicht hergestellt, auch nicht im persönlichen Gespräch unmittelbar nach seinem Rücktritt.

Flora Jädicke