Ingolstadt
Sinnlose Sachbeschädigungen

Unbekannte verkleben die Schlösser von öffentlichen Gebäuden - und treiben noch mehr Unsinn

27.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:35 Uhr
Letzter Fall: eine zerstörte Scheibe an der Arbeitsagentur. −Foto: Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Die Ingolstädter Arbeitsagentur hat massiv mit einem Vandalen zu kämpfen, der ihr Schlösser mit Sekundenkleber verklebt oder schon Glasscheiben und -türen mit Stahlkugeln eingeschossen hat.

Auch aus dem Gewerkschaftshaus und aus dem SPD-Haus werden vergleichbare Vorfälle mit verstopften Schlössern gemeldet. Peter Kundinger von der Agentur für Arbeit hat eine umfangreiche Liste bei sich liegen. "Sehr viele Fälle mit Sekundenkleber", fasst er die ärgerlichen Ereignisse zusammen, die sich angesammelt haben. 19 Vorfälle alleine mit Schlössern an den Zugängen der Behörde im Kavalier Heydeck kann er aufzählen. Dazu Wandschmierereien und einzelne zerstörte Scheiben am Berufsinformationszentrum oder einem gläsernen Übergang an dem Festungsbau. Richtig heftig sind aber die Glastüren des Gebäudes betroffen, die schon mehrfach zerschossen wurden; mutmaßlich mit einer Steinschleuder. "Wir haben danach auch die Kugeln gefunden", sagt Kundinger. Schon "x-mal" seien Anzeigen gegen Unbekannt bei der Ingolstädter Polizei erfolgt. Ermittelt werden konnte der Täter allerdings bis jetzt nicht. "Es lag mal ein Foto von einem möglichen Täter aus einer Überwachungskamera vor", berichtet Kundinger. "Aber da ist leider auch nichts herausgekommen. "

Die Serie läuft schon länger, erstmals dokumentiert sogar vor ziemlich genau fünf Jahren. Das letzte Mal schlug der Unbekannte vor eineinhalb Wochen (in der Nacht auf den 16. Juni) zu und hinterließ drei verklebte Türzylinder und eine zerstörte Glasschiebetür, was die Polizei auch in einem Pressebericht mit einem Zeugenaufruf zum Thema machte. Nicht ganz in dieser Dimension, aber doch nach einem ähnlichen Muster sind in der Nachbarschaft der Arbeitsagentur unter anderem das Gewerkschaftshaus am Paradeplatz und die SPD am Unteren Graben betroffen. "Da läuft wohl jemand weiter herum und verklebt Türschlösser", sagt Bernhard Stiedl, der Stadtverbandsvorsitzende des DGB und zugleich Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall. Zwei- bis dreimal haben die Verantwortlichen im Gewerkschaftshaus auch schon Anzeige erstattet, "wohlwissend", so Stiedl, "dass dabei nicht viel rauskommt". Aber ärgerlich ist die Sache jedes Mal: "Wir müssen nicht nur das Schloss, sondern auch alle Schlüssel mit der ganzen Schließanlage auswechseln", so Stiedl. "Ein sinnloser Schaden! " Er habe aber nicht den Eindruck, dass es da jemand gezielt auf die Gewerkschaften abgesehen hat.

Dieses Eindrucks kann sich die SPD dagegen nicht erwehren. Denn zu einer wiederholt verklebten Schließanlage kam zuletzt auch ein abgerissenes Parteischild. "Alles, was in Reichweite der Menschen ist, wird kaputt gemacht", sagt der Kreisvorsitzende Christian De Lapuente. "Und wo SPD drauf steht. "

Dabei sei es gar nicht so einfach, die Anlage mit einem elektronischen Schließzylinder zu verkleben, da sie mit einem Chip und nicht einem Schlüssel geöffnet wird. "Aber auch das haben sie schon geschafft", so der Kreischef. Wenn dann während der Reparatur provisorisch ein normales Schloss eingesetzt sei, ginge das Verkleben wieder schneller, weil auch deutlich einfacher, musste der SPD-Mann feststellen. Obwohl mehr Vorfälle verzeichnet sind (mehr als ein halbes Dutzend im vergangenen Dreivierteljahr) hätte die SPD nur "zwei- oder dreimal" Anzeige erstattet. Im Wissen eben, dass der Zeitaufwand dafür groß ist, und es trotzdem wenig hilft.

Über das Motiv können die Betroffenen in ihrem jeweiligen Fall nur rätseln. Ist es bei der Arbeitsagentur vielleicht ein ehemaliger "Kunde", der sich einmal schlecht behandelt fühlte? Aber eine Reaktion über so viele Jahre?

Die Polizei spricht ohnehin von "vereinzelten Fällen" an unterschiedlichen Standorten, die für die Ermittler nach dem jetzigen Kenntnisstand auch nicht zwingend zusammengehören. Er gehe auch nicht davon aus, dass die öffentlichen Gebäude gezielt alle zusammen attackiert werden, so Werner Semmler, der Leiter der Ermittlungsgruppe bei der Ingolstädter Polizeiinspektion. Die Tatzeiten und eben die Tatorte würden sich unterscheiden. Aber natürlich gibt die Polizei immer Berichte nach draußen, um mögliche Zeugen zu erreichen. Sie hofft nach wie vor auf den Tipp, der hilft, den oder die Täter in einem oder mehreren Fällen zur Strecke zu bringen.

Christian Rehberger