Neuburg
"Sie leisten hier Friedensarbeit"

Bischof Bertram Meier besucht als erster Augsburger Oberhirte das Neuburger Geschwader

08.11.2021 | Stand 23.09.2023, 21:43 Uhr
Erklärung am Eurofighter: Oberst Gordon Schnitger (r.) brachte Augsburgs Bischof Bertram Meier (l.) den Kampfjet näher. Der Geistliche war auf Einladung von Militärseelsorger Frank Schneider nach Neuburg gekommen. −Foto: Janda

Neuburg - Premiere im Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg: Mit Bischof Bertram Meier hat am Montag erstmals das Oberhaupt der Diözese Augsburg den Militärverband besucht. Dabei informierte er sich nicht nur über den Auftrag der Soldaten, sondern erinnerte auch an die Bedeutung der Militärseelsorge.

"Mir geht es darum, auch in die Bereiche zu gehen, wo man den Herrgott nicht unbedingt sofort vermutet", betonte Meier, der sich ganz bewusst für den Besuch bei der Truppe entschieden hatte - auch um über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Dabei scheute sich der Geistliche nicht, sein eigenes Unwissen über die Arbeit der Soldatinnen und Soldaten preiszugeben. "Das Thema ist für mich wirklich völliges Neuland", sagte er. Zwar war Meier in seiner Zeit als Kaplan in Neuburg Anfang der 1990er-Jahre durchaus in Kontakt mit dem Militär gekommen und hatte auch die damals noch existierende Tilly-Kaserne besucht. Doch beim Geschwader hatte das nicht geklappt - was übrigens auch für alle seiner Vorgänger gilt.

Umso erfreuter zeigte sich Kommodore Gordon Schnitger, dass nun im 61. Jahr des Verbands erstmals ein Bischof zu Besuch ist. Dem hohen Gast erläuterte der Oberst nicht nur die Bedeutung und den Auftrag der Truppe. Er sprach ihm zugleich seinen Dank für die Arbeit der Militärseelsorger - egal welcher Religion oder Konfession - aus. "Wir sollten alles dafür tun, die Militärseelsorge am Leben zu erhalten und zu stärken", betonte der Chef des Neuburger Geschwaders und versprach: "Ich unterstütze das mit allen Mitteln." Schnitger berichtete zudem über seine eigenen Einsätze in Jordanien und Afghanistan, wo er am eigenen Leib erfahren hat, wie wichtig ein Ansprechpartner fernab der Heimat sein kann. "Bei Problemen, bei Schicksalsschlägen, da helfen Gespräche mit jemandem, der außerhalb der Hierarchie agiert."

Mit dem katholischen Militärseelsorger Frank Schneider weiß Schnitger dabei einen guten Partner an seiner Seite. Gottesdienste in einer A400M, auf einem Fußballplatz oder auch mal vor einem Eurofighter sind für den Oberst ein wichtiger Bestandteil des Alltags, im Einsatz aber unverzichtbar. "Auf einmal gewinnt das an Bedeutung, auch um die tägliche Routine zu unterbrechen", betonte der Kommodore.

Genau diese Einblicke waren es, auf die Bertram Meier gehofft hatte. "Ich muss als Bischof auch mal versuchen, aus meinem Kreis auszubrechen", erklärte er den Besuch. Zudem interessierte es ihn brennend, "welche Rolle die Religion hier spielt". Der Besuch in Neuburg ist dem dortigen Militärseelsorger zu verdanken. Frank Schneider hatte kurzerhand den Anstoß des Münchener Militärdekans Artur Wagner aufgegriffen, der den Bischof zum Besuch bei der Truppe eingeladen hatte. Dass dieser die Offerte aus Neuburg dankend und obendrein interessiert angenommen hat, kommt auch bei Militärbischof Franz-Josef Overbeck bestens an, wie Schneider betonte. "Dass Sie als Diözesanbischof zu uns kommen, ist eine besondere Form der Wertschätzung."

Dabei überraschte Meier seine Gastgeber auch mit Detailfragen. Vor allem die Rolle des Piloten beim Flug mit dem Eurofighter interessierte ihn. "Brauchen wir denn irgendwann gar keinen Menschen mehr?", wollte er wissen. Eine Frage, die Oberst Schnitger nicht zu 100 Prozent beantworten konnte. "Es geht zum Teil in diese Richtung, doch ganz raushalten lässt sich der Mensch nicht." Für ihn als erfahrenen Kampfjet-Piloten spielt am Ende auch das eigene Bauchgefühl eine wesentliche Rolle. "Eine Maschine hat einfach keine Nackenhaare", so Schnitger.

Gleichzeitig sprach sich der Kommodore ebenso wie der Bischof für eine Ausweitung der Militärseelsorge auch auf andre Religionen aus. Bestes Beispiel ist aus ihrer Sicht der erste Militärbundesrabbiner Zsolt Balla, der seit diesem Jahr im Dienst ist. "Diese Einsetzung finde ich gut, doch ich frage mich, wie das zu bewerten ist", sagte Meier angesichts von gerade mal rund 100 jüdischen Soldaten in der Bundeswehr. Auch hierbei konnte Schnitger überzeugen. "Denn im Einsatz spielt die Konfession keinerlei Rolle", so der Oberst. Er habe selbst schon erlebt, wie Soldaten muslimischen Glaubens bei einem katholischen Pfarrer Hilfe gesucht haben. Solche Berichte und auch die zunehmende Bedrohung durch Konflikte weltweit bestätigten den Bischof in seiner Einschätzung. "Sie leisten hier Friedensarbeit", stellte er fest.

DK

Stefan Janda