Pfaffenhofen
"Sie lagen eben nicht da wie ein Lämmchen"

51-Jährige wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und versuchter Körperverletzung verurteilt

12.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:46 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Sebastian Schanz

Pfaffenhofen/Geisenfeld - Zu einer Geldstrafe von 170 Tagessätzen á 17 Euro ist die 51-jährige Vera B. (alle Namen geändert) verurteilt worden.

Nach Überzeugung des Gerichts hat sie erheblichen Widerstand gegen ihre Festnahme geleistet und versucht, die Polizisten mit den Ellbogen ins Gesicht zu schlagen. Damit blieb Amtsrichterin Nicola Schwend unter der Forderung der Staatsanwältin, die auf zehn Monate Haft auf Bewährung plus eine Geldbuße von 1600 Euro plädiert hatte. Mit dem Urteil gilt die Angeklagte als vorbestraft.

Wie berichtet, waren die Beamten ausgerückt, weil Vera B. an ihren Ex-Freund eine Handy-Nachricht geschickt hatte, sie wolle nicht mehr leben, weil er nicht mehr zu ihr zurückkomme. Der informierte die Polizei, die bei Suizid-Absichten im Zuge der Gefahrenabwehr verpflichtet ist, Menschen vor sich selbst zu schützen.

Die Beamten erklärten Vera B. , sie ins Krankenhaus bringen zu müssen, sagten ihr auch, dass sie - sollte sie sich weigern - unmittelbaren Zwang anwenden müssten. Die 51-Jährige sperrte sich dennoch; sie könne jetzt nicht mitkommen, ihre Mutter sei pflegebedürftig, und um die müsse sie sich kümmern.

Was jetzt geschah, darüber gibt es zwei Versionen. Die Polizisten sagen, Vera B. habe sich versteift, die Ellbogen abgespreizt und versucht, sie nach hinten ins Gesicht zu schlagen. Erst als sie Verstärkung angefordert hatten, sei es gelungen, sie zu Boden zu bringen: Zwei hielten sie an den Oberarmen, einer drückte gegen ihren Oberschenkel, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und ihr dann Handschellen anzulegen. Vera B. behauptet, die Beamten hätten, als sie am Boden lag, mindestens dreimal auf sie eingetreten und sie verletzt.

Der Fall war bereits vor vier Wochen verhandelt worden, aber ein Zeuge, der auf Antrag des Verteidigers eine Vorladung bekommen hatte, um seine Mandantin zu entlasten und ihre Aussagen zu bestätigen, war nicht erschienen. Auch die 300 Euro Ordnungsgeld konnten ihn nicht dazu bewegen, am eigens wegen ihm anberaumten zweiten Verhandlungstag zu erscheinen. Deshalb drückte ihm die Richterin erneut ein Ordnungsgeld auf und ließ ihn jetzt, am dritten Verhandlungstag, von zwei Polizisten in den Saal führen.

"Schön, dass Sie uns auch beehren", begrüßte Nicola Schwend den 29-Jährigen, der sichtlich genervt mit umgedrehter Schirmkappe auf dem Kopf in den Saal schlendert. Warum er zweimal nicht zu den Verhandlungen erschienen sei, will Staatsanwältin Carola Sciurba wissen. "Ich hab' verschlafen", sagt der Zeuge. Nur nebenbei: Der erste Termin war mittags um eins, der zweite um 9.30 Uhr. Jetzt haben ihm die Polizisten geholfen, früher aufzustehen, damit er pünktlich um 8.30 Uhr im Gerichtsaal sitzt.

Zur Entlastung der Angeklagten trägt er wenig bei, offenbar beeindruckt von der Belehrung der Richterin, zur Wahrheit verpflichtet zu sein, andernfalls drohe im Falle einer Vereidigung ein Jahr Haft als Mindeststrafe. Ja, sagt Marco F. , er stand dabei, als die Polizisten Vera B. gepackt haben - er macht mit beiden Armen eine heftige Greifbewegung nach vorn - und ihr sagten: Sie kommen jetzt mit. Vera B. habe sich geweigert - Marco F. hebt die Arme, spreizt die Hände und beugt sich nach hinten. Und dann hätten die Beamten sie getreten. "Wie", fragt Schwend? - "Gegen das Schienbein; nein, gegen den Oberschenkel. " - "Mit welchem Fuß? " - "So nah stand ich jetzt nicht dabei. " Kurzum: Die Beamten, stellt die Richterin fest, haben sich völlig korrekt verhalten. Die Angeklagte hätte sich die ganze Aktion ersparen können, wenn sie der Anweisung der Polizisten gefolgt wären. "Die wollten Ihnen helfen", hält ihr die Richterin vor. "Die sind eigens wegen Ihnen gekommen. " "Aber ich wollte nicht mit", beharrt die Angeklagte.

Bei der Staatsanwältin stößt sie auf wenig Verständnis: "Die Polizisten haben nur ihren Job gemacht, und Sie haben nichts Besseres zu tun als um sich zu schlagen. " Trotz drei Vorstrafen will es die Anklagevertreterin bei einer Bewährungsstrafe belassen - "in der Hoffnung, dass Sie, wenn Sie hier rausgehen, ins Nachdenken kommen".

Das , so scheint es , steht eher nicht zu erwarten. Bei der Urteilsverkündung fällt die Angeklagte der Richterin wütend ins Wort, die sie daraufhin zurechtweist: "Sie sind jetzt nicht dran! " Die Beweisaufnahme habe eindeutig ergeben, "dass die Polizisten Sie völlig rechtmäßig zu Boden gebracht haben. Sie lagen eben nicht da wie ein Lämmchen. "

ahh