Garching
Sie greift nach den Sternen

Suzanna Randall könnte 2020 als erste Deutsche zur Internationalen Raumstation ISS fliegen

16.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Wenn alles glattgeht, wird eine von ihnen ins All fliegen: Suzanna Randall (links) und Insa Thiele-Eich sind die beiden Kandidatinnen der privaten Initiative "Die Astronautin", die eine Frau zur ISS schicken will. Allerdings muss dafür noch viel Geld eingesammelt werden. - Foto: Stäbler

Garching (DK) Eigentlich war sie bei der privaten Initiative "Die Astronautin" schon ausgeschieden, doch nun bekommt Suzanna Randall eine zweite Chance: Die Astrophysikerin aus München könnte 2020 als erste Deutsche überhaupt ins Weltall fliegen.

Schwungvoll, so wie es ihre Art ist, steuert Suzanna Randall auf den Ausgang zu, um den Vortragsaal der Europäischen Südsternwarte (Eso) zu verlassen, wo sie soeben als neue Kandidatin von "Die Astronautin" vorgestellt wurde. Doch gerade, als sie zur Tür hinaus will, wird die 38-Jährige unsanft zurückgerissen. Beim Blick nach unten entdeckt sie den Grund - und muss grinsen: eine Schlaufe ihres blauen Weltraumanzugs hat sich in der Türklinke verheddert.

Einige Handgriffe später hat sich die junge Frau befreit und eilt nach draußen - eine Szene, die zu den Weltraum-Ambitionen von Suzanna Randall passt, die nun ebenfalls im zweiten Anlauf in Schwung kommen. Denn eigentlich war sie bei der Kandidatenkür bereits ausgeschieden, knapp vor dem Ziel. So hatte die Jury vor fast einem Jahr die Meteorologin Insa Thiele-Eich (34) und die Eurofighter-Pilotin Nicola Baumann (32) ausgewählt. Sie sollten zu Astronautinnen ausgebildet werden, ehe eine von ihnen 2020 als erste deutsche Frau überhaupt in den Weltraum zur Internationalen Raumstation ISS fliegt - so das Ziel der privaten Initiative. Vor einigen Wochen hatte Baumann dann aber ihren Rückzug erklärt, da sie und das Programm "nicht zusammenpassen", wie sie im "Spiegel"-Interview sagte.

Als Nachrückerin ist nun also Randall präsentiert worden. Die gebürtige Kölnerin hat in London Astronomie studiert, in Kanada ihren Doktor in Astrophysik gemacht und arbeitet seit 2006 bei der Eso in Garching bei München - unter anderem am weltgrößten Radioteleskop, das in der chilenischen Atacamawüste steht. Die Reise ins All sei ihr "Kindheitstraum", sagt die 38-Jährige, wobei sie als kleines Mädchen noch überzeugt war, "dass alle Astronauten Männer sein müssen". Erst Sally Ride, die 1983 als erste Amerikanerin in den Weltraum flog, habe ihr die Augen geöffnet. "Das war eine Frau, die sah auch noch ein bisschen aus wie ich. Da habe ich gedacht: Das mache ich auch."

Sollte Randall tatsächlich ins All fliegen, würde sie zu jenem illustren Kreis von bislang rund 60 Astronautinnen stoßen - demgegenüber bereits etwa 500 Männer im Weltraum waren. Grund für diese Diskrepanz sei allen voran die Tatsache, dass die frühe Raumfahrt in den 1960er-Jahren stark militärisch geprägt gewesen war, erläutert Ulrich Walter, selbst ehemaliger Astronaut und heute Leiter des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München. Erst viel später seien dann nicht mehr Kampfpiloten, sondern zunehmend Wissenschaftler ins All geflogen - und damit auch immer mehr Frauen.

Die wiederum seien nach Erkenntnissen der US-Raumfahrtbehörde Nasa "tendenziell die besseren Astronauten", sagt Ulrich Walter. Denn: "Weibliche Personen sind oft toleranter", und das helfe an Bord einer Raumstation, wo es schnell zu "sozialen Zwistigkeiten" komme. Beispielsweise hätten sich Astronauten an Bord der ISS schon wegen des Frühstücks in die Haare bekommen, sagt Walter: "Während die Amerikaner gerne Müsli essen, haben es die Russen lieber deftig und wollen Fleisch und Bratkartoffeln."

Bevor Suzanna Randall - oder Insa Thiele-Eich, deren Vater bereits Astronaut war - jedoch bei derlei Streitigkeiten beschwichtigend eingreifen können, müssen sie erst noch in den nächsten zwei Jahren ihre Ausbildung zur Astronautin absolvieren. Schon im März geht es für beide nach Bordeaux, wo etwa Parabelflüge und Zentrifugentraining auf dem Programm stehen. Dazu kommen dann noch Flugstunden, Roboterkunde, Überlebenstraining - und Russisch lernen.

Welche der zwei Frauen letztlich zur ISS fliegen darf, wird sich erst nach der Ausbildung entscheiden - freilich nur, wenn die Initiative das nötige Geld auftreibt. Mit Kosten von rund 50 Millionen Euro rechnet Initiatorin Claudia Kessler, die diese Summe mithilfe von Sponsoren und Crowdfunding auftreiben will. "Es ist ein weiter Weg, und wir sind noch ganz am Anfang", sagt die Weltraum-Managerin in Garching. So habe man aktuell erst 150 000 Euro eingesammelt.

Fehlen also noch schlappe 49,85 Millionen Euro - und dennoch gibt sich Suzanna Randall vom Gelingen des Projekts überzeugt: "Ich will Deutschlands erste Astronautin werden", sagt sie selbstbewusst, ehe es nach draußen zum Fotoshooting geht. An Bord der ISS wäre ihr das Klinken-Malheur übrigens nicht passiert: Da der Sauerstoff dort frei zirkulieren muss, gibt es in der Raumstation keine Türen.