Hilpoltstein
Sichtbeton zum Streicheln

Schüler inspizieren den Neubau des Gymnasiums und zählen vorsorglich die Stühle nach

19.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Foto: Kai Bader

Hilpoltstein (HK) Sie wippen auf den neuen Stühlen, werfen einen Blick in den Physikraum, lassen im Chemiesaal die Sonnenblenden herunter und drehen die Wasserhähne auf: Die Schüler des Hilpoltsteiner Gymnasiums sehen sich am Montagmorgen ganz genau im Neubau ihrer Schule um.

"Zwei, vier, sechs, acht, zehn, zwölf. Das sind in beiden Reihen aber nur 24 Stühle und wir sind 26 in der Klasse", rechnet eine Schülerin mit Blick in den Chemiesaal nach und schaut sich fragend um. In der Ecke stehen noch drei Stühle nebeneinander. "Ich glaube, da müssen sich wohl ein paar von uns dazwischenquetschen."

Es wird eng an diesem Vormittag, aber nicht nur im Chemiesaal, sondern auch in den Fluren und Treppenaufgängen: Unzählige Schüler laufen nach oben und unten, öffnen Türen, schauen in die einzelnen Zimmer eines jeden Lernclusters oder gehen auf die Terrassen und genießen die Sonne - denn auch so ein Balkon gehört zu jeder Lerneinheit. Hier können sie auch bei kleinen Lernpausen frische Luft schnappen. "Schau, die sind ja cool", sagt einer der Schüler und lässt sich auf die Bank fallen. "Meinst du, dass die hier Cocktails servieren" Doch weder Cocktails noch die Ruhe können sie an diesem Tag genießen, denn draußen scheppert ein riesiger Bagger vorbei, um die letzten Erdarbeiten zu erledigen.

"Doch, die Zimmer sind trotzdem größer als ich gedacht habe", sagt eine Schülerin, die die gelbe Tür eines Klassenzimmers öffnet. "Die haben uns vorher gesagt, dass alles viel kleiner wird - aber es geht doch." Als sie wieder auf den Gang heraustritt, streicht sie mit der rechten Hand mehrmals vorsichtig über die glatten Sichtbetonwände. "Das ist ja gar nicht so rau, die kann man ja sogar streicheln", sagt sie grinsend. Mit ihrer Freundin setzt sie sich dann auf dem sogenannten Marktplatz, dem Treffpunkt in jedem Cluster, auf ein Fensterbrett: weinrote und senfgelbe Regale, große geschwungene Stehtische, türkisfarbene Bänke, schwarze Schwinghocker und mehrere kleine Hocker aus unbehandeltem Holz. "Na, sieht doch nicht schlecht aus", sagt sie. "Schaut aber fast aus wie ein Ikea-Regal", meint ein Klassenkamerad, der mit der Faust kräftig fest auf die Regalböden klopft. "Hält aber."

Seit 7.30 Uhr sind die Schüler in dem Ersatzbau für das Haus Mendel. Doch sie konnten nicht gleich auf Erkundungstour ziehen. Schulleiter Karlheinz Thoma erinnerte sie erst daran, dass er sich wünsche, dass der gute Geist der Schule auch im Neubau erhalten bleibe. Und als wäre er angesprochen, wünscht sich Hausmeister Klaus Maget, dass "ihr die Räume so behandelt, dass sie auch in 30 Jahren noch neu aussehen".

"Wir haben die größte Chance verpasst", sagt eine junge Schauspielerin beim folgenden Improvisationstheater. "Alles neu und nicht einmal ein Whirlpool." Auch die Kollegin scheint enttäuscht: "Massageräume haben sie auch nicht - an was haben die überhaupt gedacht", fragt sie und fügt beleidigt hinzu: "Wisst ihr was? Ich geh' jetzt in mein Cluster!"

Dabei kommt sie vielleicht ins naturwissenschaftliche Cluster, wo einige Schüler das große Waschbecken testen. "Läuft bei mir", ruft einer und spritzt schon mal seinen Klassenkameraden ab. "Aber in den Klassenzimmern gibt es keine Waschbecken mehr", bemerkt eine Schülerin. "Wohl weil es auch keine Kreide mehr gibt", sagt sie mit Blick auf die Whiteá †boards.

In der Materialsammlung des Biologiesaals steht noch alles wirr durcheinander auf einem riesigen Tisch: Ein ausgestopfter Fuchs, ein Knochen, Reagenzgläser, graue Pappschachteln, eine Ansicht einer aufgeschnittenen Wespe, ein menschlicher Torso und dazwischen jede Menge gebrauchte Kaffeetassen und eine verstaubte Kanne - die wohl vom Umzug übriggeblieben sind. "Das müssen wir wohl noch alles einräumen", sagt eine Schülerin, deutet auf die leeren Schränke mit den Glasfenstern und bläst die Backen auf. "Da bin ich gespannt."

Die Schüler im Physikraum interessieren sich dagegen für die technischen Details: "Schau, da kann man Steckdosen und alles, was man braucht, direkt von der Decke herunterklappen; ist doch geil", sagt einer. Sein Freund zweifelt: "Meinst du, dass das lange funktioniert" Das jedenfalls wird die Zeit weisen: Denn ab heute wird die Schule komplett genutzt.