Hagenhill
"Sich mal bewusst frei nehmen"

Fachstelle will pflegenden Angehörigen im Osten des Landkreises Eichstätt Atempausen ermöglichen

25.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:39 Uhr
Sandra Lenz mit dem Inhalt eines "Einsatzkoffers" der Alltagsbegleiter der Fachstelle für pflegende Angehörige Landkreis Eichstätt Ost und einigen Informationsbroschüren. −Foto: Schmidl

Hagenhill - "Viele pflegende Angehörige nehmen Hilfe von außen erst dann an, wenn sie selbst ausgelaugt sind.

" Und gerade derzeit stünden sie aufgrund der Corona-Pandemie und die dadurch entstehenden Erschwernisse vor noch größeren Herausforderungen als sonst, weiß Sandra Lenz, die seit Juni die Fachstelle für pflegende Angehörige Landkreis Eichstätt Ost leitet. Lenz spricht dabei von einer "schwierigen Rollenanpassung", wenn etwa bei gebrechlichen oder an Demenz erkrankten Menschen "die Eltern zu Kindern werden und beispielsweise die Tochter zur Mutter wird".

Mit den Angeboten der Fachstelle, die im Altmannsteiner Ortsteil Hagenhill im dortigen Pfarrheim an der Haberländerstraße 1a ihr Domizil hat, soll den pflegenden Angehörigen das Leben ein wenig erleichtert werden - und zwar sowohl durch Rat als auch durch Tat.

So berät und unterstützt Lenz vertraulich und kostenlos pflegende Angehörige telefonisch und auch persönlich im Büro der Fachstelle - die eine Einrichtung des Landkreises ist und unter der Trägerschaft des Vereins "Würde im Alter" steht - oder zu Hause bei den Betroffenen in den Gemeinden Beilngries, Altmannstein, Pförring, Mindelstetten, Oberdolling, Großmehring, Kösching, Stammham, Hepberg, Lenting und Wettstetten. Dabei kann es um Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung oder um Antragstellungen etwa hinsichtlich eines Pflegegrads gehen, aber auch um lokale Betreuungsangebote oder die Vermittlung von geschulten Alltagsbegleitern.

Denn auch bei den beiden letztgenannten Punkten hat die Fachstelle einiges zu bieten. So lässt das "Café Vergissmeinnicht" pflegebedürftige Menschen im Hagenhiller Pfarrheim einmal pro Woche im Rahmen einer Betreuungsgruppe einen unterhaltsamen Nachmittag erleben. Jeden Mittwoch von 14 bis 16.30 Uhr bekommen die laut Lenz meist vier bis fünf Teilnehmer Anregungen wie Koordinationsübungen, sie trinken gemeinsam Kaffee, gehen spazieren oder singen miteinander. "Gerade Lieder und Gedichte von früher sind oft noch da" bei Demenzkranken, weiß Lenz. Und überhaupt findet sie, es sei "schön, wenn sie mal rauskommen". Derzeit sei zwar - den Corona-Regeln geschuldet - ein "Stillstand", aber auch sonst "würden wir uns freuen, wenn mehr kommen würden", so die 37-jährige Sozialpädagogin aus Altmannstein.

Jeden ersten Mittwoch im Monat trifft sich zudem nahezu parallel zum "Café Vergissmeinnicht" - von 14.30 bis 16 Uhr - die Angehörigengruppe im Pfarrheim zum Austausch "über alles Mögliche", für Informationen zu aktuellen Themen und für Gespräche mit Gleichgesinnten. Die pflegebedürftigen Angehörigen werden dabei unterdessen in der Betreuungsgruppe unterhalten.

Aber die pflegenden Angehörigen müssen mit ihren pflegebedürftigen Personen nicht unbedingt nach Hagenhill kommen, damit diese ein wenig Abwechslung bekommen. Dazu gibt es die Alltagsbegleiter, die in den Familien vor Ort unterstützen. Dafür werden Interessenten von Dozenten der Alzheimer-Gesellschaft in kostenlosen Schulungen - diese werden von "Würde im Alter" über Spenden finanziert - in 40 Unterrichtseinheiten an sechs Tagen vorbereitet und zudem in der Folge alle zwei Monate in einstündigen Treffen von Lenz weitergebildet. Mit ihrer Arbeit sollen diese Ehrenamtlichen (sie erhalten vom Trägerverein eine Aufwandsentschädigung) den pflegenden Angehörigen eine "Atempause" verschaffen, indem sie mit den Pflegebedürftigen beispielsweise Gespräche führen, ihnen vorlesen oder sie bei Arztbesuchen, Spaziergängen oder Einkäufen begleiten.

Lenz weiß aber auch, dass viele pflegende Angehörige eine gewisse Scheu haben, die Hilfe der Alltagsbegleiter anzunehmen, auch wenn deren Tätigkeiten über die Pflegekasse abgerechnet werden können, sobald ein Pflegegrad vorliegt - und manchmal sogar schon vorher. So würde man eben ungern Fremde ins Haus lassen, und manche Angehörige hätten auch Bedenken nach dem Motto "Was sagen denn die Leute, wenn ich Mama einfach kurz weggebe? " Dabei kann Lenz allen pflegenden Angehörigen nur raten, "sich mal bewusst frei zu nehmen". Seit der jüngsten Schulung habe die Fachstelle aktuell "drei Damen, die sofort als Alltagsbegleiter einsatzbereit wären", betont sie.

Die 37-Jährige hat aber auch noch allerlei Ideen für die Zukunft. So träume sie von einem "Café für die Allgemeinheit" in Altmannstein, in dem aber auch "in ungezwungener Atmosphäre" themenbezogene Treffen der Fachstelle - etwa für pflegende Männer - sowie Stilltreffs oder Stricktreffs möglich sein sollen.

Und darüber hinaus startet noch für ein weiteres geplantes Projekt demnächst eine Umfrage: für die "Wunschoma" beziehungsweise den "Wunschopa", die als zusätzliches Unterstützungsangebot in Familien ohne Großeltern diese - zumindest zeitweise - ersetzen sollen.

DK

Sandra Lenz ist in der Fachstelle werktags von 8 bis 12 Uhr oder nach Vereinbarung erreichbar - per Telefon unter der Nummer (0176) 66958796 oder per E-Mail unter beratung@würde-im-alter-ev. de.

Norbert Schmidl