Schrobenhausen
Servus Toni, wir sehen uns im Himmel!

Toni Drexler ist am Montag mit 76 Jahren gestorben

31.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:16 Uhr
Toni Drexler engagierte sich Zeit seines Lebens für Hilfsbedürftige und das Gemeinwohl. −Foto: Hastreiter

Wenn der Name Toni Drexler fiel, war da immer sofort eine Assoziation da: Helfen. Wo auch immer sich eine Schieflage offenbarte - Toni Drexler half. Am Montagnachmittag starb Drexler im Alter von 76 Jahren. Ein Mann, der fehlen wird.

Er war ein guter Mensch, ohne ein Gutmensch zu sein. Wie wohl kein anderer prägte er in der Stadt das Gesicht des modernen Rettungswesens und der sozialen Idee. Zunächst als Vorsitzender des Jugendrotkreuzes, dann als Einsatzleiter und Erbauer der neuen BRK-Wache und des BRK-Zentrums und nicht zuletzt als Gründer der Humanitären Hilfe sowie als Stadtratsmitglied. Längst war er in Rente, aber Ruhe gönnte er sich nie. Erst als sich eine ganze Reihe von Erkrankungen immer stärker bemerkbar machte, trat er ins zweite Glied, nicht ohne sich vorher darum gekümmert zu haben, dass sein Lebenswerk fortgeführt wird. Am späten Nachmittag dieses Montags schlief Toni Drexler im Kreis seiner Familie friedlich ein. Er wurde 76 Jahre alt.

Rasend schnell verbreitete sich die Nachricht in Stadt und Landkreis. Er habe die traurige Pflicht über den Tod des Ehrenvorsitzenden des Kreisverbandes zu informierten, schrieb BRK-Kreisgeschäftsführer Robert Augustin: "Wir blicken voller Achtung und Dankbarkeit zurück auf Tonis beispielloses Wirken." Und in den sozialen Medien gingen Beileidsadressen an die Familie.
 
Bereits am Sonntag waren die Gefährten der Humanitären Hilfe gekommen ans Sterbebett gekommen, um Lebewohl zu sagen. Sie hatten mitbekommen, welche Odyssee an Krankenhausaufenthalten, Chemotherapien und Bestrahlungen ihr Vorsitzender in den letzten Jahren zu überstehen hatte. Doch Kranksein war nie sein Ding, weshalb er auch als Patient den Gabelstapler lenkte oder sich ans Lkw-Steuer setzte. "Ich lebe gerne, ich will alt werden", trug er als optimistisches Lebensmotto vor sich her, wohl wissend, dass er gefährliche Gegenspieler im eigenen Körper trug.

Deshalb sucht er auch schon früh nach einem Nachfolger bei der Humanitären Hilfe. Doch niemand wollte oder konnte. Denn was Toni Drexler in 36 Jahren aufgebaut hat, das erinnert heute eher an ein semiprofessionelles Unternehmen als an eine ehrenamtlich betreute Organisation. Eigener Fuhrpark, eigene Lagerhallen, eigenes Netz an Spendern und ein großer Erfahrungsschatz in der Praxisarbeit. Für Anfänger würde da selbst ein Acht-Stunden-Tag nicht reichen. So umwarb er zwei Vollblutrotkreuzler, weil er wusste, die würden sich der Herausforderung stellen. Im März dieses Jahres berief der Vorstand BRK-Kreisgeschäftsführer Robert Augustin zum neuen ersten Vorsitzenden und dessen Stellvertreter Anton Gutmann zum Schatzmeister. Es sollte der letzte offizielle Termin für Toni Drexler werden.
 
Ein paar Wochen später bedankte er sich in einem langen Brief bei allen Mitgliedern und erinnerte an den 17. März 1982, als er im geliehenen Lastwagen Lebensmittel ins Krisen geschüttelte Polen brachte und dabei das Fundament der Hilfsorganisation legte. Niemand habe gedacht, dass sich daraus eine derart aktive Bewegung entwickeln würde, die Tausenden von Menschen in ihrer Not beistehen würde. "Wenn wir auf einer Landkarte die Orte mit Nägeln markieren, die wir inzwischen mit Hilfsgütern versorgt haben, dann entstünde ein Sitzkissen für einen Fakir", schrieb er nicht ohne Stolz. 130 Hilfszüge mit bis zu acht Fahrzeugen seien bis tief hinein in den Osten gefahren.

Geboren und aufgewachsen ist Toni Drexler in der Rotkreuzstraße. Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker und arbeitete in diesem Beruf, ehe er 1973 zum Roten Kreuz wechselte, bei dem die Standards des Patiententransports damals noch in den Kinderschuhen steckten. Durch die legendären Papier- und Kleidersammlungen schuf er die finanzielle Basis für Verbesserungen im Fahrzeugpark und im Rettungswesen. In diese Zeit fielen auch der Neubau von Garagen und die Einführung des Patiententransports im Notarztwagen.
 
So platzte die alte Wache an der Pöttmeser Straße bald aus allen Nähten und Drexler wagte das ehrgeizige Projekt eines Neubaus direkt am Krankenhaus. Als der 1990 bezogen wurde, gab es endlich moderne Garagenplätze und angemessene Unterkünfte fürs Personal. Sogar das Budget hatte der Baumeister um 100000 Mark unterschritten. Dabei war Toni Drexler nicht nur der Macher. Viele Patienten schwärmten von ihm, weil er ihnen die Aufregung genommen hatte, als sie sich als Kranke oder Unfallbeteiligte in seine Hände begeben mussten.

Als er schließlich 2002 nach 29 Dienstjahren in den Ruhestand trat, war mit dem Engagement noch lange nicht Schluss. Die Humanitäre Hilfe lief gerade auf vollen Touren und hatte schon Länder wie Albanien, Rumänien, Ungarn, die Türkei, Litauen, Armenien oder die Ukraine unterstützt und hinter der Rettungswache entstand gerade ein weiteres Drexler-Großprojekt: der Garagentrakt mit dem BRK-Zentrum.

Mit dem Engagement beim Roten Kreuz waren seine Kapazitäten aber noch nicht erschöpft. Als er für den Stadtrat kandidierte, kam er auf Anhieb ins Gremium, wurde zwei Mal wieder gewählt und beendete seine kommunalpolitische Karriere erst, als ihm die Gesundheit zu schaffen machte. Und wenn er nicht gerade für die Humanitäre Hilfe unterwegs war, dann saß er am Steuer des Bürgerbusses.

Angesichts dieses Lebenswerks waren Auszeichnungen eher ein bescheidenes Dankeschön der Allgemeinheit. Im Auftrag des Bundespräsidenten verlieh Bayerns Innenminister Joachim Hermann 2015 das Bundesverdienstkreuz. Zwei Jahre später folgte der Titel Ehrenkreisvorsitzender des BRK. Für seine Stadtratsarbeit wurde ihm schon vorher, im Jahr 2012, die Goldene Bürgermedaille überreicht. 2012 gehörte er im Münchener Rathaus zum Hand verlesenen Kreis derjenigen, denen das BRK seine höchste Auszeichnung an die Brust heftete, das Ehrenzeichen der Bereitschaften in der Stufe Gold. Es folgte eine Einladung zum Fest des Bundespräsidenten für die Ehrenamtlichen in Berlin und dann meldete sich das Deutsche Rote Kreuz. 2015 wurde der BRK-Mann aus Schrobenhausen mit der höchsten Auszeichnung bundesweit bedacht, Präsident Theo Zellner überreichte das Ehrenzeichen des DRK.

Nun trauert das Schrobenhausener Land um eine bedeutende Persönlichkeit. Robert Augustin und Anton Gutmann bringen es auf den Punkt, wenn sie sagen, dass Toni Drexler für die Idee des Roten Kreuzes gebrannt habe und dass seine Präsenz und seine Aktivitäten überall in dieser Stadt zu spüren gewesen seien. Das Feuer ist nun erloschen. Geblieben ist aber neben seinen Bauwerken die großartige Idee der Humanitären Hilfe. Sie wird eine Herausforderung und Verpflichtung für die Erben.
 

Günther Hastreiter