Neuburg
Sensibel, kritisch, aber auch lyrisch

Ausstellung im Fürstengang zeigt Werke des 1993 verstorbenen Künstlers Hans-Georg Rauch

06.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:54 Uhr
Hans-Georg Rauch-Spezialist Horst Rasch (links) im Kunst-Dialog mit dem großen Zeichner und Rauch-Kollegen Host Haitzinger. −Foto: Heumann

Neuburg (lm) Lust oder Frust über das Erbe einer ehedem anderen Sammlungs-Politik der Stadt Neuburg?

Die ist in Folge davon im Eigentum von über 50 Arbeiten von Hans-Georg Rauch. Darunter finden sich Blätter, die selbst Horst Rasch, dem besten Kenner des Künstlers, bis dato unbekannt waren. Das momentan jedenfalls nur ganz und gar positive Ergebnis dieses Erbes ist seit gestern eine Ausstellung im Fürstengang, bei der es sich - mindestens - zweimal lohnt, genauer hinzusehen.

Denn es ist eine doppelte Meisterschaft, die Hans-Georg Rauch gleichermaßen auszeichnet: sein sensorisch, sensibel kritischer Blick auf Dinge und Geschehnisse, besonders die filigrane Akribie in der zeichnerischen Umsetzung seiner oftmals für den Tagesgebrauch bestimmten Arbeiten, die unversehens wie unübertriebene Gültigkeit auf ewig erlangten.

Rauch, Maler, Zeichner, Karikaturist und Zeit-Chronist ist fast 25 Jahre nach seinem Tod längst in die Kunstgeschichte eingegangen, wird, das kann man ohne Spekulation behaupten, seinen Platz oder auch Rang dort dauerhaft behalten. "Wahnsinn" - es ist nur ein Wort, mit dem der ebenfalls ganz große Zeichner Horst Haitzinger, bei der Vernissage am Sonntag ebenfalls vor Ort, auf die Frage nach einem Satz über seinen Kollegen antwortet. Den in Technik wie Metier versierten Haitzinger fasziniert voran auch die zeichnerische Komponente. "Ich kann es nicht fassen, was da einer handwerklich vollbracht hat. " Haitzinger spricht von "Irrsinn", wie Rauch immer und immer wieder diese Disziplin durchgehalten habe.

Eine Disziplin, auf die man sich als Betrachter einlassen muss, die fasziniert, irritiert und immer wieder durch neue Entdeckungen überrascht. Es sei, so Horst Rasch in seiner Einführung, eine Ausstellung "für Menschen, die nachdenken". Rasch darf heute als der wohl profundeste Kenner des Werkes von Hans-Georg Rauch bezeichnet werden, dessen Nachlass-Verwalter er auch ist. Rauch und Rasch waren sich vor über 50 Jahren beruflich begegnet und waren seitdem etliche Stationen gemeinsam gegangen. Rasch arbeitete damals für die Zeitschrift "Hör zu", in der Rauch seine frühesten Witz-Zeichnungen veröffentlichen konnte. Gewiss kein schlechter Start in einem solch auflagenstarken Blatt.

Aber der Witz war Rauch im Grunde zu kurzlebig. Beide begegneten sich in anderen Medien wieder, Rasch organisierte dann auch Rauch-Ausstellungen, es entwickelte sich eine Freundschaft. Unschwer gelingt es Rasch, schlagwortartig auf die höchst unterschiedlichen und sich doch so sehr und ganz zu einem Lebenswerk fügenden Facetten des gewiss einmaligen Zeichners zu blicken. Das ist das Komische, wobei es Rauch stets zu wenig war, die Leute nur zum Lachen zu bringen. Nicht zufällig zitiert Rasch Christian Morgenstern, dass man Dinge hundert- und tausendfach sehe und sie erst dann plötzlich wirklich sieht. Und da ist, gerade in den Radierungen wie nun in der Neuburger Ausstellung zu sehen, der "gefühlvolle Berserker", mit diesem Begriff Horst Rasch gerne zitiert wird. Gemeint ist der nicht zuletzt gegen sich selbst aufbrausen könnende Mensch, der zugleich so hellhörig und sensibel sein konnte, der in eine gemauerte Landschaft Landschaften noch einmal in jeden einzelnen Stein einfügen konnte, der so zärtlich und lyrisch auch im Bild dem anderen Menschen begegnen konnte, der die stolzesten Segelschiffe zeichnet - auf der Fahrt in was für eine Zukunft? Und dann gibt es den Hans-Georg Rauch, der in einem Spinnweben-Netz die Zeilen Heinrich Heines einfügt, der sei nicht weise, der nicht das Dunkel kennt. Es gibt so viel zu entdecken im Fürstengang.

Zu sehen ist die Ausstellung bis 3. November jeden Donnerstag und Freitag von 17 Uhr bis 19 Uhr und an den Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 11 Uhr bis 19 Uhr.